verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2 | |
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des Bauwesens ungleichartig entwickelt. Während sich in Deutschland eine größere Zahl kleinerer, aber gleichwertiger Vereine gebildet hat, sind im Ausland nur größere, hauptsächlich in den Metropolen domizilierte Vereine vorhanden. Unter den deutschen Vereinen ragen der aus 26 Einzelvereinen bestehende Verband deutscher Architekten- und Ingenieurvereine mit ca. 6700 Mitgliedern und einem wechselnden Vorstand sowie der aus etwa 4000 Mitgliedern bestehende Verein deutscher Ingenieure hervor, dessen Bezirksvereine unter einer gemeinschaftlichen ständigen Direktion stehen. Während in jenem Verband meist Architekten und Bauingenieure vertreten sind, besteht dieser Verein aus Bau- und besonders Maschineningenieuren. Während in den deutschen Vereinen meistens nur Techniker mit wissenschaftlicher Vorbildung, also erst in reifern Jahren, Aufnahme finden und dann gleiche Rechte haben, werden in England und Amerika alle diejenigen aufgenommen, welche erst in das technische Fach eintreten wollen und sich für dasselbe interessieren, also in den Vereinen erst ausgebildet werden sollen. Daher zerfallen hier die Mitglieder in ältere, stimmberechtigte und in jüngere, nicht stimmberechtigte. Diese Trennung besteht jedoch in französischen Vereinen (z. B. der Société des ingenieurs civils mit ca. 2000 Mitgliedern) und in österreichischen Vereinen (z. B. im Österreichischen Architekten- und Ingenieurverein mit über 2000 Mitgliedern) nicht. In den englischen Vereinen, unter welchen das Institute of Civil Engineers in London und die Royal Institution of British Architects die bedeutendsten sind, kann man übrigens nach fünfjähriger Praxis in einem Alter von 25 Jahren stimmberechtigtes Mitglied werden. Außer den vorgenannten bestehen zur Zeit in Deutschland noch zahlreiche Vereine, welche, wie der Berliner Baumarkt, Elektrotechnische Verein in Berlin, der Verein deutscher Zementfabrikanten, der Schutzverein Berliner Bauinteressenten, der Ziegler- und Kalkbrennereibesitzer-Verein, der Verein für Gesundheitstechnik, in engerer oder weiterer Beziehung zur Baupraxis stehen.
Baux, Les (spr. läh boh), ehemals blühende Stadt mit 4000 Einw., jetzt verödete Ortschaft von etwa 400 Einw. im franz. Departement Rhônemündungen, Arrondissement Arles, in der Hügelkette der Alpines, aus der Zeit des Mittelalters fast ganz erhalten, mit größtenteils aus dem Felsen gehauenen Häusern in schönem Renaissancestil, altem Kastell und Befestigungsmauern. Die Barone von B. machten sich im 10. Jahrh. unabhängig und dehnten ihre Herrschaft über einen großen Teil der Provence aus. B. war im 12. und 13. Jahrh. einer der berühmtesten provençalischen Liebeshöfe. Richelieu ließ 1631 die Festungswerke schleifen, ihr umfangreiches Gebiet verlor die Stadt durch die Revolution von 1789.
Bauxīt (Wocheinit), Mineral aus der Ordnung der Hydroxyde, welches etwa 60 Proz. Thonerde, 25 Proc. Eisenoxyd, 3 Proz. Kieselsäure und 12 Proz. Wasser enthält und sich in Südfrankreich in unerschöpflichen Lagern bei Baux unweit Arles, bei Avignon, bei Fons à Fy im Departement der Charente, in Kalabrien, bei Belfast in Irland, in Steiermark (namentlich in Untersteiermark, unweit Cilli) und in Krain (Wochein) sowie in Niederösterreich (Dreistätten bei Wöllersdorf), endlich auch in Westafrika (am Senegal) findet. Der B. hat große Wichtigkeit als Material zur Darstellung von feuerfesten Ziegeln und Tiegeln, Wetz-, Schleif- und Poliersteinen, Mühlsteinen, Bessemerconverterfutter, zur Darstellung von Thonerde, Alaun, Aluminium, Thonerdepräparaten, kohlensaurem Kali, als Zusatz beim Reiben von Zinkblende etc. Vgl. Roth, Der B. und seine Verwendung zur Herstellung von Zement (Wetzlar 1882).
Bauzeit, die zur Ausführung eines Bauwerks geeignetste Jahreszeit, bei Hochbauten die zwischen Mitte März und Mitte Oktober gelegene Zeit; bei Wasser- und Brückenbauten die unter anderm zur Fundation und Aufmauerung von Brückenpfeilern günstigste Zeitperiode des niedrigen Wasserstandes.
Bauzinsen (Interkalarzinsen), Zinsen von bestimmter Höhe, welche nach dem deutschen Handelsgesetzbuch den Mitgliedern von Aktiengesellschaften (nicht aber auch den Kommanditisten bei Kommanditgesellschaften auf Aktien) für den in dem Gesellschaftsvertrag angegebenen Zeitraum, welchen die Vorbereitung des Unternehmens bis zum Anfang des vollen Betriebes erfordert, bedungen werden können. Dieselben müssen meist dem Kapital selbst entnommen werden.
Bavai (spr. -wä), Stadt im franz. Departement Nord, Arrondissement Avesnes, südöstlich von Valenciennes, an der Nordbahn, mit (1876) 1750 Einw., Eisen- und Kupferhütten und Marmorbruch; es ist das alte Bagacum, die bedeutendste Stadt der Nervier, und reich an römischen Altertümern (Inschriften, Bädern, Wasserleitungen, Tempelruinen etc.). Bei B. sucht man den Ort der Nervierschlacht von 57 v. Chr.
Bavard (franz., spr. bawahr), Schwätzer; Bavarderie, Geschwätz; bavardieren, schwätzen, salbadern.
Bavarĭa, Personifikation des Bayerlandes, kolossales Standbild bei München; s. München.
Bavella (ital., Bafel), Abfallseide, Florettseide.
Bavēno, Städtchen in der ital. Provinz Novara, Kreis Pallanza, am Westufer des Lago Maggiore, den Borromeischen Inseln gegenüber, mit (1881) 705 Einw., Kupfergruben und Granitbrüchen.
Bavier (spr. bawjeh), Simeon, schweizer. Staatsmann, geb. 16. Sept. 1825 zu Chur, trat nach dem Besuch der polytechnischen Anstalten zu Karlsruhe und Stuttgart 1845 als Ingenieur in den Dienst seines Heimatskantons und war am Bau verschiedener Gebirgsstraßen thätig. Nachdem er 1850–51 zu Fideris die Landwirtschaft betrieben und daselbst zum Kreispräsidenten (Landammann) und Mitglied des bündnerischen Großen Rats gewählt worden war, welcher ihn wiederholt in die Standeskommission berief, beteiligte er sich 1853–55 an den Vorarbeiten der Südostbahn, leitete 1857–58 in Parma den Bau der Linie Piacenza-Castel San Giovanni und arbeitete 1870–71 das vollständige Projekt einer Alpenbahn über den Splügen aus. Seit 1863 Mitglied des schweizerischen Nationalrats, wurde er 1870 bis 1877 zu wiederholten Malen vom Bundesrat als eidgenössischer Kommissar in den Kanton Tessin gesandt, um zwischen den Parteien zu vermitteln. Die Bundesversammlung berief ihn an Stelle des verstorbenen Heer 1878 in den Bundesrat, wo er zuerst das Finanz- und Zolldepartement leitete, seit 1880 jedoch dem Post- und Eisenbahnwesen vorsteht. Im Februar 1881 wurde er zum Vizepräsidenten gewählt und leitete den am 21. Sept. in Bern eröffneten Kongreß für internationales Eisenbahntransportrecht. 1882 war er Bundespräsident und übernahm nach Ablauf seines Amtsjahrs die Gesandtschaft in Rom. Er schrieb: „Die Straßen der Schweiz“ (Zür. 1879).
Bavius, Marcus, röm. Dichterling, mit seinem Genossen Mävius berüchtigt als Neider des Vergil und Horaz. Nach ihm gilt B. (Bav) als Bezeichnung eines schlechten und anmaßenden Dichters.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 530. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0530.jpg&oldid=- (Version vom 30.4.2022)