verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2 | |
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mit Kreuzfahrern aus Niedersachsen nach Livland zurück, um das Christentum mit Gewalt der Waffen zu verbreiten, wurde aber 1198 in einem Treffen erschlagen. Erst unter Bertholds Nachfolger Albrecht gelang es, die Letten auf die Dauer zu bekehren.
2) Bischof von Chiemsee, geb. 1465 zu Salzburg, seit 1508 Bischof, trat gegen das Verderben in der Kirche sowohl auf Synoden als in der Schrift „Onus ecclesiae“ auf; dieselbe erschien anonym 1524, forderte eine Reformation, die aber nicht von einem Sektenhaupt wie Luther, sondern von den berufenen Organen der Kirche ausgehen sollte. B. resignierte 1525; seine 1528 erschienene „Tewtsche Theologey“ nahm einen Teil der gegen Lehre und Leben der katholischen Kirche erhobenen Vorwürfe wieder zurück. Er starb 1543.
3) Graf von Henneberg, Kurfürst von Mainz, geb. 1442 als zwölftes Kind des Grafen Georg von der Römhilder Linie, trat in den geistlichen Stand, ward schon im neunten Jahr Domherr in Mainz, Köln und Straßburg, 1474 Domdechant von Mainz und 1484 Erzbischof und Kurfürst. Er regierte sein Bistum mit Wohlwollen und Gerechtigkeit, suchte den Landfrieden aufrecht zu erhalten, trat allen religiösen Neuerungen streng entgegen und verteidigte die Rechte der Kirche. An den Reichsangelegenheiten nahm er eifrigen Anteil. 1486 setzte er hauptsächlich Maximilians I. Wahl durch und trat zu demselben in nähere Beziehungen. Auch schloß er sich dem Schwäbischen Bund an. Nach Maximilians Regierungsantritt übernahm er die Geschäfte des Reichserzkanzlers. Auf dem Reichstag zu Worms 1495 forderte man auf seinen Antrieb von Maximilian eine gründliche Reichsreform, die Umwandlung des Reichs in eine ständische Oligarchie, wogegen dem Kaiser Geldmittel zum Kriege gegen Franzosen und Türken bewilligt werden sollten. Aber hiervon kamen bloß das oberste Reichsgericht und eine Kopfsteuer, der gemeine Pfennig, zu stande, und auch diese gerieten bald ins Stocken. Vergeblich suchte B. auf dem Reichstag in Lindau den Reformeifer wieder zu beleben; seine Pläne scheiterten an der Gleichgültigkeit der Stände und am Widerstand Maximilians, mit dem B. deshalb zerfiel. B. starb 21. Dez. 1504 an den Pocken. Vgl. Weckerle, De Bertholdi Hennebergensis archiepiscopi Moguntini studiis politicis (Münster 1868).
Berthold, Franz, Pseudonym der Schriftstellerin Adelheid Reinbold (s. d.).
Berthold von Holle, mittelhochdeutscher Dichter, ein Niederdeutscher von Geburt, lebte (1252–77) am Hof Johanns von Braunschweig. Von seinen nach französischen Quellen gearbeiteten epischen Dichtungen: „Crane“, „Demantin“ und „Darifant“ sind nur Bruchstücke erhalten. Eine vollständige Ausgabe derselben lieferte Bartsch (Nürnb. 1858).
Berthold von Regensburg (Ratisbonensis), Franziskanermönch in Regensburg, der größte Volksprediger des Mittelalters, geboren um 1220 zu Regensburg, trat als Novize in das neuerrichtete Franziskanerkloster daselbst. Er durchzog als Buß- und Sittenprediger, vor dem Vertrauen auf den Ablaß und das Wallfahrten warnend, seit 1250 die Schweiz, Österreich, Ungarn, Mähren, Böhmen, Sachsen und Schwaben und predigte oft vor Tausenden im Freien. B. starb 13. Dez. 1272 in Regensburg, wo seine Gebeine, die während des Dreißigjährigen Kriegs aus dem Grabe gehoben wurden, jetzt in einem kostbaren Schrein in der Schatzkammer des Doms aufbewahrt werden. Seine (in zahlreichen Handschriften erhaltenen) Predigten gehören zu dem Vorzüglichsten, was die deutsche Homiletik alter und neuer Zeit aufzuweisen hat. Sie sind am besten von Pfeiffer und Strobl (Wien 1862–80, 2 Bde.) herausgegeben; ins Neuhochdeutsche wurden sie übertragen von Göbel (3. Aufl., Regensb. 1873; „zeitgemäß bearbeitet“, das. 1884). Vgl. Stromberger, B. v. R. (Gütersl. 1877); Jacob, Die lateinischen Reden des seligen B. (Regensburg 1880); Unkel, B. v. R. (Köln 1882).
Berthollet (spr. -lä), Claude Louis, Graf von, Chemiker, geb. 9. Dez. 1748 zu Talloire in Savoyen, studierte zu Turin und ging 1772 nach Paris, wo er 1794 Professor der Chemie an der Normalschule wurde. 1796 ging er nach Italien, um die erbeuteten Kunstschätze für die Pariser Kabinette auszuwählen, wohnte dann der Expedition nach Ägypten bei und kehrte 1799 mit Bonaparte zurück. Nach dem 18. Brumaire wurde er Mitglied des Erhaltungssenats und Graf und erhielt 1804 die Senatorie von Montpellier. Ludwig XVIII. ernannte ihn zum Pair, in welcher Würde B. 1815 bei der zweiten Restauration bestätigt wurde. Er starb 6. Nov. 1822 in Arcueil bei Paris. Auf seinem Landhaus zu Arcueil unterhielt er ein chemisches Laboratorium und eine Gesellschaft von Chemikern (Société d’Arcueil), welche die analytische Chemie praktisch trieb und drei Bände „Mémoires“ herausgab. Er entdeckte die Zusammensetzung des Ammoniaks, arbeitete über das Chlor und dessen Anwendung zum Bleichen (Bertholletsche Bleichflüssigkeit), über das chlorsaure Kali und dessen Verwendbarkeit zur Bereitung eines besonders wirksamen Schießpulvers, über das Knallsilber (Bertholletsches Knallpulver), über die Färbekunst etc. Von großer Bedeutung waren ferner seine Aufstellung einer chemischen Statik und seine Darstellung der Gesetze der Verwandtschaft in der Chemie. Er trug am meisten zur Reform der chemischen Nomenklatur bei. Seine wichtigsten Schriften sind: „Méthode de nomenclature chimique“ (mit Lavoisier, Par. 1787); „Éléments de l’art de la teinture“ (das. 1791, 2 Bde.; 1805; übersetzt von Gehlen, Berl. 1806); „Description de l’art du blanchiment des toiles par l’acide muriatique oxygéné“ (Par. 1795); „Recherches sur les lois de l’affinité“ (das. 1801; übersetzt von Fischer, Berl. 1802); „Essai de statique chimique“ (Par. 1803, 2 Bde; deutsch von Bartholdy, Berl. 1811).
Bertholletia Humb. et Bonpl., Gattung aus der Familie der Myrtaceen, mit der einzigen Art B. excelsa Humb. et Bonpl., einem prächtigen, 30 m hohen, im östlichen Südamerika, besonders am Orinoko, auch in Brasilien und Guayana einheimischen, in Cayenne seit langer Zeit angepflanzten immergrünen Baum mit abwechselnden, wagerechten Ästen, deren Enden wie Seile herunterhängen und die Erde berühren, länglichen, lederigen Blättern und gelben, in ährenartigen Trauben stehenden Blüten. Die 16 bis 20 hartschaligen, 4–5 cm langen, dreikantigen Samen in großen, kugeligen Kapseln mit holziger Fruchtschale, die mit lautem Knall aufspringt, haben einen ölreichen und schmackhaften Kern; sie heißen in der Heimat auch Juvia und bei den Portugiesen, die einen starken Handel damit treiben, Almendron; man genießt sie roh oder preßt ein gutes Brennöl aus denselben; unter dem Namen Paránüsse, brasilische Nüsse oder Kastanien kommen sie auch nach Europa. Das Holz des Baums ist sehr hart und dauerhaft.
Bertholletsches Knallsilber, s. Silberoxyd.
Berthoud (spr. -tu), Henri, franz. Schriftsteller und Kulturhistoriker, geb. 19. Jan. 1804 zu Cambrai,
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 795. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0795.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2021)