verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2 | |
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im Bottich ein und füllt die gärende Würze, sobald sie rahmt, auf Fässer, aus deren Spunde die abgeschiedene Hefe beständig ausgestoßen wird. Die Fässer werden täglich ein- bis zweimal aufgefüllt, damit sich die Hefe rein absondere; aber nach 1–2 Tagen ist die Gärung bereits vollendet, und das B. wird oft in denselben Fässern versandt. Die Abnehmer lassen es noch 2–3 Tage offen liegen, füllen es dann auf gut zu verkorkende Flaschen und können es schon nach 2–3 Tagen ausschenken. Die obergärigen Biere sind im allgemeinen substanziöser und süßer und gelten deshalb auch für nahrhafter; die wärmere Würze säuert sehr leicht und hält dann mehr eiweißartige Stoffe in Lösung, welche zwar gleichfalls den Nahrungswert des Biers erhöhen, aber auch eine schnelle Zersetzung herbeiführen.
Die untergärigen Exportbiere, welche jetzt in Flaschen bis nach China und Südamerika versandt werden, bereitet man aus einer nach dem Kochverfahren hergestellten Würze von 14,5–15 Proz., welche stark gehopft, bei 4° angestellt wird und in 15 Tagen bis auf 8 Proz. vergären muß. Das grüne, gefaßte B. kommt auf Fässer von 15 hl Inhalt und wird während 9 Monaten von 10 zu 10 Wochen auf frische Fässer von gleicher Größe umgezogen. Sechs Wochen vor Unterbrechung der Lagerperiode wird in jedes Faß ca. 0,25 kg Hopfen gestopft, um die Klärung zu befördern und das Aroma zu erhöhen; schließlich zieht man das B. auf 3 hl haltende Fässer, gießt in jedes Faß 1 Lit. 90proz. feinen Spiritus und füllt es sofort auf Flaschen. Diese bleiben zwei Tage offen stehen und werden dann verkorkt und mit Draht geschlossen. Hopfen und Alkohol wirken konservierend auf das B., mit großem Erfolg hat man aber auch das von Pasteur angegebene Verfahren zur Konservierung des Weins auf B. angewandt. Man setzt nämlich die Flaschen 30 Minuten einer Temperatur von 46–48° oder, falls das B. sehr lange lagern soll, von 53–54° aus und kühlt dann schnell ab. Durch diese Erwärmung werden mikroskopische Fermentkörperchen getötet, ohne daß das B. in seiner Güte leidet. Ferner werden als Konservierungsmittel Borsäure und schwefligsaurer Kalk angewandt, die größte Beachtung aber verdient die Salicylsäure (0,8 g auf 1 Lit.), welche man mit wenig B. zum Brei anreibt, mit mehr B. mischt und in die Fässer bringt. Dies muß 2–3 Wochen vor dem Konsum geschehen, damit sich die getöteten Organismen ablagern können. Die Salicylsäure bewirkt, daß das reife B. Monate länger als gewöhnlich lagern kann, ohne die sonst auftretende Schärfe (Überreife) zu erhalten. Auch in den Gärbottichen wirkt ein geringer Zusatz von Salicylsäure günstig, indem sie die Wucherung der Schmarotzerpilze in der Hefe und die Wirkung des Milchsäureferments unterdrückt.
Die Mannigfaltigkeit der Biere ist ungemein groß und war früher vor dem durchschlagenden Erfolg des Lagerbiers, welches freilich auch in fast zahllosen Variationen gebraut wird, noch viel größer. Abgesehen von den einzelnen Lokalbieren, unterscheidet man die Biere nach der Art und Beschaffenheit des verwendeten Materials, z. B. Gersten-, Weizen- und Reisbier, ferner Braunbier aus stark gedarrtem, Weißbier aus schwach gedarrtem Malz; je nach der Menge des Hopfens erhält man Süß- oder Bitterbier, je nach der Quantität des verwendeten Malzes für ein gewisses Quantum B. einfaches oder Doppelbier. Alkoholreiche Biere heißen trockne im Gegensatz zu den extraktreichen substanziösen; leichte Biere nennt man vorzugsweise solche mit geringem Extraktgehalt, schwache solche mit wenig Alkohol, starke, worin viel Alkohol, und schwere solche, die sich durch größern Extraktgehalt auszeichnen. Nach der Bereitungsart könnte man Infusions-, Dekoktionsbiere etc. unterscheiden; aber man benennt die Biere meist nach den Ländern und Städten, in welchen die einzelnen Methoden befolgt werden, und spricht vom englischen (Infusions-), bayrischen (Dekoktions-) Verfahren etc., von belgischen, französischen, englischen (obergärigen), von bayrischen, österreichischen, sächsischen (untergärigen) Bieren, welch letztere, weil sie längere Zeit im Keller liegen müssen, Lagerbiere genannt werden. Diese aber sind Winter- oder Schenkbiere, d. h. zum baldigen Verbrauch bestimmt, oder Sommerbiere (Lagerbiere im engern Sinn), die in besondern Kellerabteilungen bis hoch in den Sommer und Herbst liegen bleiben. Dieser Unterschied galt besonders für Bayern, solange man dort nur vom Oktober bis April braute und aus 1 hl Malz durchschnittlich 2,5 bis 2,6 hl Winterbier, aber nur 2,0–2,1 hl Sommerbier bereitete. Die Einführung der Eismaschine, welche das Brauen auch im Sommer gestattet, hat diese Unterschiede mehr und mehr verwischt. In Norddeutschland werden nach Annahme der Steuerbehörde (1870) aus 1 Ztr. Malz gewonnen: 300 Lit. leichtes B., 200 L. Doppelbier, 189 L. sogen. bayrisches B. Über den Vorzug der Märzenbiere ist oben gesprochen worden, auf denselben Verhältnissen beruht die Vorzüglichkeit des Bockbiers. Am vorzüglichsten ist das Luxus- oder Exportbier, welches oft verschiedene Zusätze, wie Wein, Sprit, Rum, Portwein, erhält. In England unterscheidet man dunkeln Porter (je nach Farbe und Stärke: Stout, Brown Stout, Double Stout etc.) und helles Ale (Sweet, Bitter, Pale, Pale India, obergäriges London, untergäriges Scotch Ale); der Porter wird namentlich in London und Dublin aus stark gedarrtem Malz durch anhaltendes Kochen bereitet, ist obergärig, vollmundig, angenehm bitter; Ale ist mehr weinartig, hell, wird aus schwach gedarrtem Malz bereitet und stark gehopft; es ist daher sehr haltbar und wird, wie auch Porter, viel nach Ostindien und Australien exportiert. Das beste Pale Ale wird in Burton, London, Glasgow und Leeds gebraut. Die belgischen Biere weichen am meisten von den unsrigen ab, sie werden mit starkem Zusatz von ungemalztem Getreide und durch sogen. Selbstgärung (wie der Wein, ohne Zusatz von Hefe), welche als Untergärung verläuft, bereitet. Die Biere sind von weinigem, säuerlichem Geschmack und werden erst nach vollständiger Vergärung getrunken. Der Lambik wird aus der ersten Würze bereitet, ist stark, licht; Mars ist ein Dünnbier aus der letzten Würze, und aus beiden mischt der Wirt sein Schenkbier, das Faro. Frankreich ist ein Weinland, und erst in der neuesten Zeit hat durch elsässische und deutsche Unternehmer die Brauerei einigen Aufschwung genommen. Von den deutschen Bieren haben die bayrischen von München (Hofbräu, Spatenbräu, Löwenbräu, Zacherl-, Pschorr-, Augustinerbräu etc.), Nürnberg, Kulmbach, Kitzingen, Erlangen, Augsburg, Regensburg, die von Einbeck, Gießen, Koburg, Dortmund, Hamburg, Zerbst etc. altbewährten Ruf; doch liefert jetzt auch Sachsen vortreffliche Biere in Dresden (Waldschlößchen, Feldschlößchen, Felsenkeller), Plauen, Chemnitz, Leipzig. Preußen hat große Bierbrauereien in Berlin, Merseburg, Dölitz, Danzig, Kottbus, Spandau, Stettin etc. Die österreichischen Biere haben in den letzten Jahren große Verbreitung auch im Ausland gefunden. Unter den böhmischen stehen voran das Pilsener, Egerer, Prager,
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 918. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0918.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2023)