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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

widerspricht dem nicht. Erst bei den gnostischen Sekten des 2. und 3. Jahrh. treffen wir auch Bildnisse Christi an. Allmählich drang aber der Schmuck der Gotteshäuser mit Bildern auch in die rechtgläubige Kirche ein. Das 4. Jahrh. bildet die Zeit des Kampfes. Noch sprachen sich Synoden und die angesehensten Kirchenväter namentlich gegen die Abbildungen Christi und Gottes als durchaus unzulässig aus. Aber schon jetzt gab es z. B. in Edessa ein angeblich authentisches Bild Christi, und bald kamen solche sowie Bilder der Jungfrau Maria und andrer Heiligen allenthalben auf. Es wurde Sitte, die gewissen Heiligen geweihten Kirchen mit Darstellungen aus ihrem Leben oder mit Bildern aus der heiligen Geschichte zu schmücken. Schon Augustin klagt über Bilderanbetung, und Cyrillus von Alexandria beförderte grundsätzlich den Bilderdienst. Die Theorie dazu erfand Gregor I.: die Bilder seien die Bücher der Armen, aus welchen sie, die nicht lesen können, die Kenntnis der heiligen Geschichte schöpfen. Aber während bei den rohen Franken das eben erst von außen überwundene Heidentum die Gefahr nahelegte, daß die Heiligenbilder nur an die Stelle der Götzenbilder träten, und so der bilderstürmerische Eifer, z. B. des Bischofs Serenus, wachgerufen wurde, gegen welchen Gregor I. seinen Grundsatz geltend machte, hatte der sinnlichere, zu überspanntem Gefühlsausdruck mehr geneigte Geist des Orients sich schon zu einer wirklichen Verehrung der Bilder hinreißen lassen. Im Verlauf des 6. Jahrh. wurde es herrschende und kirchlich gebilligte Sitte, sich vor den Bildern und Statuen niederzuwerfen, sie durch Niederknieen, Küssen, Anzünden von Kerzen und von Weihrauch, Bekleidung mit kostbaren Gewändern und Verzierung mit Geschmeiden zu ehren (s. Anbetung). Man fing an, zu besonders berühmten Bildern zu wallfahrten, sie zu preisen und zu beschenken; ja, der Gegensatz gegen den andringenden Islam und gegen das Judentum konnte dazu verleiten, in diesem Bilderdienst etwas spezifisch Christliches zu finden. Aber darin lag auch für die oströmischen Kaiser, welchen eine so schroffe Scheidewand zwischen den Religionen im politischen Interesse unerwünscht war, ein Motiv zum Einschreiten. Es waren besonders Leo der Isaurier (717–741), Konstantin Kopronymos (741–775), Leo der Chasare (775–780), Leo der Armenier (813 bis 820) und Theophilos (829–842), welche sich die Ausrottung des Bilderdienstes zum Ziel gesetzt hatten und dabei vom Heer kräftig unterstützt wurden. Aber gegen den schon vom ersten dieser Monarchen eingeleiteten förmlichen Bildersturm (Ikonoklasmos) erhob sich der Fanatismus der Mönche im Bund mit weiblicher Bigotterie, und die Kaiserinnen Irene und Theodora ließen auf den Synoden von Nicäa (787) und Konstantinopel (842) beschließen, daß die Bilder Christi, der Jungfrau, der Engel und Heiligen durch Küssen, Kniebeugen, Lichteranzünden und Weihrauch zu verehren, wahrhaftiger Gottesdienst aber nur der Trinität zu leisten sei. Dieselbe Theorie eignete sich auch die lateinische Kirche an trotz des Widerstandes, welchen die fränkische Kirche unter Karl d. Gr. leistete. Auch die Abbildung Gottes des Vaters wurde erlaubt. In der That haben auch die Maler darauf nie verzichtet, und nur die reformierte Kirche hat im Gehorsam gegen den Dekalog mit den Bildern Gottes allen und jeden Bilderschmuck aus den Kirchen entfernt, während Luther sich durch Karlstadts Bildersturm (1522) auf die andre Seite drängen ließ. Vgl. Schlosser, Geschichte der bilderstürmenden Kaiser (Frankf. 1812); v. Wessenberg, Die christlichen Bilder (neue Ausg., Konstanz 1845, 2 Bde.); Piper, Der christliche Bilderkreis (Berl. 1852); Lüdtke, Die Bilderverehrung in den ersten christlichen Jahrhunderten (Freiburg 1874).

Bilderdijk (spr. -deik), Willem, berühmter holländ. Dichter, geb. 7. Sept. 1756 zu Amsterdam als Sohn eines Arztes, studierte in Leiden 1780–82 die Rechte und praktizierte dann im Haag als Advokat. Als eifriger Orangist verließ er 1795 beim Einrücken der Franzosen sein Vaterland, lebte längere Zeit in England, dann in Braunschweig und machte sich währenddem als juristischer Schriftsteller durch die „Observationes et emendationes juris“ (Braunschw. 1806) bekannt, die er später neu bearbeitete (Leiden 1820, 2 Bde.). Nach dem Regierungsantritt Ludwig Napoleons kehrte er 1805 nach Holland zurück, wo er zum Bibliothekar des Königs und bald darauf auch zum Mitglied und Sekretär des holländischen Nationalinstituts ernannt wurde. Nach Ludwigs Abdankung zog sich B. nach Leiden zurück, lebte seit 1827 in Haarlem und starb 18. Dez. 1831 daselbst, nachdem er durch die Restauration seine Pension eingebüßt hatte. Als Dichter hat B. eine erstaunliche Fruchtbarkeit entwickelt und sich auf allen Gebieten der Poesie versucht. Schon 1774 gewann er mit dem Gedicht „Over den invloed der dichtkunst op het staatsbestuur“ einen Preis; die gleiche Auszeichnung wurde ihm 1775 für „De liefde tot het vaderland“ zu teil. Die erste Probe seines Studiums der Klassiker gab er durch seine Übertragung der Sophokleischen Tragödien: „Koning Edipus“ und „Dood van Edipus“ (1789). Andre Produktionen jener Zeit sind: „Mijn verlustiging“ (1781) und die Gedichtsammlung „Bloemptjens“ (1785), meist Minnelieder voll ausgelassener Lustigkeit enthaltend. Während er in der Fremde verweilte, erschienen in rascher Folge andre Sammlungen, als: „Mengelpoëzij“ (Amsterd. 1799, 2 Bde.), „Poëzij“ (das. 1803–1807, 4 Bde.; 2. Aufl. 1822) und „Mengelingen“ (das. 1804–1808, 4 Bde.), denen sich „Buitenleven“, eine Bearbeitung von Delilles „L’homme des champs“ (das. 1803) und „Fingal“ (nach Ossian, 1805) anschlossen. Nach seiner Rückkehr ins Vaterland widmete er Ludwig Bonaparte die „Nieuwe mengelingen“ (Amsterd. 1806, 2 Bde.) und verfaßte das beschreibende Gedicht „De ziekte der geleerden“ („Die Krankheiten der Gelehrten“, Amsterd. u. Haag 1807, 2. Aufl. 1829). Damals versuchte er sich auch im Drama mit den Trauerspielen: „Floris de vijfde“ (1808), „Willem van Holland“, „Kormak“ u. a. (in „Treurspelen“, Haag 1808–1809, 3 Bde.) und veröffentlichte „De mensch“, eine Umdichtung von Popes „Essay on man“ (1808), sowie die Sammlungen: „Najaarsbladen“ (1808, 2 Bde.), „Verspreide gedichten“ (1809, 2 Bde) und „Winterbloemen“ (Haarlem 1811, 2 Bde.). Die Befreiung des Vaterlandes feierte er in der feurigen Dichtung „Hollands verlossing“ (Amsterd. 1813–14, 2 Bde.; 2. Aufl. 1833) und den „Vaderlandsche uitboezemingen“ (das. 1815). Auch die Hymne „Willem Frederik“ und sein „Wapenkreet“ entstanden in jener Zeit. Einer niedergeschlagenen Stimmung entsprangen seine „Affodillen“ (Haarlem 1814); heitere Seelenruhe aber verraten seine „Nieuwe uitspruitsels“ (1817), sein „Wit en rood“ (1818, 2 Bde.), das satirische Gedicht „De dieren“ (1818) und die „Nieuwe dichtschakeering“ (Amsterd. 1819), endlich die Fragment gebliebene epische Dichtung „De ondergang der eerste wereld“ (1820; letzte Ausg., das. 1880). Unter der langen Reihe seiner übrigen Dichtungen

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 933. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0933.jpg&oldid=- (Version vom 24.3.2022)
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