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Seite:Meyers b2 s0948.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

Substanz liegenden formbestimmenden Bedingungen und deren in der Konstanz gewisser allgemeiner Formverhältnisse zu Tage tretenden Resultate. Bei den organischen Wesen glaubt die neuere Schule, einen großen Teil derselben aus der Stammesgeschichte der betreffenden Art erklären zu können; s. Entwickelungsgeschichte.

Bildungsgewebe, s. Meristem.

Bildungstrieb (Nisus formativus), ein von Blumenbach dem allgemeinen Leben und Schaffen der Natur zu Grunde gelegtes Prinzip der Stoff- und Formbildung, als dessen drei Formen man die Erzeugung, Ernährung und Reproduktion bezeichnete. Der Begriff, welchen man sich von dem Agens desselben oder dem höchsten Bildungsprinzip machte, hat aber hiermit eigentlich nur den Namen gewechselt; denn die Urkraft, Platons schaffende Idee, Stahls Seele, die Anima plastica und Idea plastica s. seminalis andrer Philosophen und Physiologen enthielten ganz entsprechende Begriffe. Man verfiel dabei immer in den Fehler, daß man jenen Trieb als eine von den allgemeinen Lebensfunktionen abgesonderte, für sich thätige Potenz (Lebenskraft; Idee der Gattung) dachte, während der sogen. biologische von den übrigen (mechanischen, physikalischen, chemischen) Naturprozessen nicht der Art, sondern nur der Kombination und Komplikation nach unterschieden ist. Vgl. für den B.: Blumenbach, Über den B. (Götting. 1791); Suringar, De nisu formativo (Leiden 1824); gegen den B.: Lotze, Artikel „Lebenskraft“ in Wagners „Handwörterbuch der Physiologie“ sowie dessen „Medizinische Psychologie“ (Leipz. 1852) und „Physiologie des körperlichen Lebens“ (das. 1851).

Bildungsvereine, auf freier Selbsthilfe beruhende Vereine, welche durch gemeinschaftliche Wirksamkeit die Bildung ihrer Mitglieder zu heben suchen und zwar die geistig-sittliche (Handwerker-, Arbeitervereine, Arbeiterbildungsvereine, Volksbildungsvereine), die gewerbliche oder handelswissenschaftliche (Gewerbe-, Fabrikantenvereine, kaufmännische Vereine), die politische und volkswirtschaftliche (gewisse politische oder volkswirtschaftliche Vereine) oder endlich die religiöse Bildung (Gesellen-, Jünglingsvereine). Ihren Zweck suchen die B. zu erreichen durch Vorträge, Bibliotheken, Fortbildungsschulen u. a.; namentlich für die ersten ist von einzelnen Vereinen oder Vereinsgruppen, so von dem 1879 gegründeten „Deutschen Verband von Vereinen für öffentliche Vorträge“, dem über 60 Vereine angehören, eine vollständige Organisation getroffen worden. Die B. sind recht eigentlich ein Produkt der jüngsten Zeit; in England wurden sie namentlich durch Lord Broughams Thätigkeit in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts ins Leben gerufen, und diese mechanics institutes mit Lesezimmern und Bibliotheken, denen sich später die working men’s colleges mit höhern Zielen anschlossen, bestehen heute nicht nur in Großbritannien, sondern auch in dessen größern Kolonien sowie in den Vereinigten Staaten in jeder bedeutendern Stadt. In Belgien bildeten sich viel später die ligues d’enseignement. In Deutschland entstanden Vereine zur gemeinsamen Fortbildung schon bald nach den Befreiungskriegen, wurden aber von den Regierungen mit wenig Gunst angesehen und traten erst seit 1830 mehr hervor. In Sachsen, Nassau, Hannover entstanden die sogen. Gewerbevereine, die im folgenden Jahrzehnt sich auch unter dem Namen Handwerkervereine über die mittlern und größern Städte ganz Norddeutschlands verbreiteten. Aber erst in den 40er Jahren, namentlich seit 1848, entstanden eigentliche B. (Bürgervereine, Arbeiterbildungsvereine), denen auch die Turnvereine zuzurechnen sind, insofern sie durch Vorträge, Lesezirkel u. a. die geistige Fortbildung ihrer Mitglieder anstrebten. Während alle diese Vereine eine liberal-politische Färbung hatten, verfolgten die durch Humboldts „Kosmos“ angeregten Humboldt-Vereine ausschließlich den Zweck, die Bekanntschaft mit den Ergebnissen der neuern Naturforschung durch Vorträge, Bibliotheken u. a. zu fördern. Dergleichen B. entstanden zuerst in Berlin, Bremen, Hamburg u. a. O., begegneten aber bald mancherlei ihnen vom Staat bereiteten Hindernissen, wie denn der große, 1844 gegründete Handwerkerverein zu Berlin von 1850 bis 1859 aufgelöst war, während die Regierung dagegen die kirchlichen Vereine begünstigte. Seit 1860 versprachen die Arbeiterbildungsvereine einen neuen Aufschwung zu nehmen, verfielen aber nach Lassalles Auftreten der Sozialdemokratie und wandelten sich thatsächlich in Agitationsherde um. Erst Anfang 1871 erfolgte in Berlin unter hauptsächlicher Mitwirkung von Schulze-Delitzsch, Franz Duncker u. a. die Gründung der jetzt über ganz Deutschland verbreiteten Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung, welche schnell einen bedeutenden Aufschwung nahm und Ende 1883: 13 Zweigvereine und 9 Verbände mit zusammen 3333 Mitgliedern (davon 651 körperschaftliche) zählte. Neben Lesezimmern, Bibliotheken, Vorträgen (die Gesellschaft unterhält einen ständigen Wanderlehrer) und Fortbildungsschulen sucht sie ihren Zweck, den Klassen der Bevölkerung, welchen nur die Grundlagen der Bildung zugänglich gemacht wurden, dauernd Bildungsstoff und Bildungsmittel zuzuführen, durch Herausgabe einer Wochenschrift: „Der Bildungsverein“ (15. Jahrg., Berl. 1885), und Flugschriften zu erreichen. Für Bayern, Württemberg und Baden bildete sich ein Verband süddeutscher Arbeiterbildungsvereine, welcher neben dem Bildungszweck auch die praktischen Interessen der Arbeiter durch Arbeitsnachweis, Wanderunterstützungen u. a. berücksichtigt. Seit dem Erlaß des Sozialistengesetzes haben sich zwei Richtungen von Arbeiterbildungsvereinen herausgebildet[WS 1], die eine mit christlich-konservativer, die andre mit sozialdemokratischer Färbung. Über Gewerbevereine, Handwerkervereine, Jünglingsvereine s. die besondern Artikel.

Bildweberei, die Kunst, figürliche und ornamentale Darstellungen mittels des Webstuhls zu verfertigen. S. Gobelin und Teppiche.

Bildweite, der Abstand der optischen Bilder vom optischen Mittelpunkt der Hohlspiegel oder Linsen.

Bildzauber, alte, schon von den indischen, chaldäischen, griechischen und römischen Magiern geübte Zauberei vermittelst eines Bildes, welches man malte oder aus Thon, Wachs oder Metall formte, um in der Ferne auf diejenige Person zu wirken, welche dieses Bild vorstellen sollte oder durch allerlei Prozeduren dazu geweiht war. Je nachdem man ein solches Bild peinigte, mit Nadeln stach, köpfte, ersäufte oder bei langsamem Feuer schmolz, glaubte man die betreffende Person zu peinigen, ihr (durch einen Stich in die Leber) Liebe einzuflößen, sie durch den Schuß zu verletzen (s. Hexenschuß) oder zu töten oder sie durch die letzterwähnten Prozeduren einem langsamen Siechtum zu überliefern. Zum Liebeszauber fertigte man auch wohl die beiden Bilder der zu verbindenden Personen und manipulierte mit ihnen. In der Meleagersage ist dieses Motiv dichterisch verwertet worden; die erotischen Dichter der Griechen und Römer erwähnen des Bildzaubers häufig. Im Mittelalter

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: herausgebidet
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 948. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0948.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2021)
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