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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

Biologie (griech.), eigentlich die Lehre vom Leben, wird gegenwärtig in zweierlei Bedeutung gebraucht: einmal als Lehre von den belebten Wesen (Organismen), also Pflanzen und Tieren, und entspricht dann der Zoologie und Botanik zusammengenommen; sodann als Lehre von den Lebenserscheinungen der Tiere, resp. Pflanzen, im Gegensatz zur Morphologie, d. h. der Lehre vom Bau des tierischen, resp. pflanzlichen Körpers (s. Morphologie).

Biolychnion (griech., „Lebenslampe“), eine aus dem Blut eines Menschen bereitete brennbare Flüssigkeit, die nach dem frühern Aberglauben durch den Helligkeitsgrad und die Dauer ihres Brennens für sein Schicksal vorbedeutend sein sollte. J. Philipp Burggrave, ein Frankfurter Arzt (gest. 1775), verfaßte darüber eine eigne Schrift.

Biomagnetismus (griech.), s. v. w. tierischer Magnetismus, s. Hypnotismus.

Biomantie (Biomantik, griech.), Bestimmung aus gewissen Zeichen (z. B. aus der Lungenprobe), ob bei einer Geburt Leben vorhanden war; auch Voraussagung der Lebensschicksale und Lebensdauer aus gewissen Zeichen; daher Biomant, einer, der sich mit dergleichen Wahrsagungen befaßt.

Biometrie (griech.), s. v. w. Bioarithmetik (s. d.).

Bion (griech.), s. Individuum.

Bīon, 1) griech. bukolischer Dichter aus Smyrna, lebte meist in Sizilien, wo er vergiftet worden sein soll, um 133 v. Chr. Außer einer Anzahl kleinerer, zum Teil fragmentarischer Gedichte besitzen wir von ihm ein größeres episches Gemälde, die „Adonisklage“ (hrsg. von Ahrens, Leipz. 1854). Er zeichnet sich mehr durch Feinheit des Ausdrucks und Zartheit des Gefühls als durch Einfachheit und Naturtreue aus. Seine Gedichte sind meist mit denen des Theokrit (s. d.) zusammen herausgegeben und übersetzt; mit Moschos gaben sie heraus G. Hermann (Leipz. 1849) und Ziegler (Tübing. 1868).

2) B. von Borysthenis in Skythien (daher Borysthenites genannt), Philosoph, blühte um 276 v. Chr., anfangs Cyniker, dann Kyrenaiker, Schüler des Theodoros, bekämpfte den polytheistischen Volksglauben und ward zu den Atheisten gezählt, obgleich nicht erwiesen ist, daß er alles Göttliche leugnete. Fragmente gesammelt in Mullachs „Fragmenta philos.“, Bd. 2 (Par. 1867). Vgl. Hoogvliet, De vita doctrina et scriptis Bionis (Leid. 1821).

Bionomie (griech.), die Lehre von den Gesetzen des Lebens.

Biorhiza, s. Gallwespen.

Bioskopie (griech., „Lebensschau“), die Untersuchung, ob unter bestimmten Umständen Leben und Lebensfähigkeit stattgefunden habe, durch welche Einflüsse dasselbe verkürzt worden sei etc.

Biosophie (griech.), Lebensweisheit; auch Lebenslehre, s. v. w. Psychologie.

Biostātik (griech.), die Lehre von der mittlern Lebensdauer; auch die von der mittlern, durchschnittlichen Bevölkerung (s. d.).

Biot (spr. bi-o), 1) Jean Baptiste, Physiker, geb. 21. April 1774 zu Paris, besuchte die polytechnische Schule daselbst, diente einige Zeit in der Artillerie, studierte dann Mathematik und Naturwissenschaft, lehrte als Professor der Physik zu Beauvais, ward 1800 Professor am Collège de France, 1804 am Observatorium in Paris und 1806 am Büreau der Längenvermessung angestellt. Er begleitete Gay-Lussac auf seiner ersten Luftfahrt. Anfang 1806 ging er mit Méchain und Arago nach Spanien, um hier die große Meridianvermessung Frankreichs fortzusetzen. Zu demselben Behuf begab er sich mit jenen nach Formentera. Um einige streitige astronomische Beobachtungen zu berichtigen, ging er 1817 nach den Orkneyinseln, und 1824–25 besuchte er in Angelegenheiten der Gradmessung wieder Spanien sowie auch Italien. Er starb 3. Febr. 1862 in Paris. B. vertritt in der Wissenschaft den rein empirischen Standpunkt und läßt alle philosophische Spekulation beiseite. Er hat durch seine Untersuchungen verschiedener Zweige die Physik wesentlich gefördert. Mit Arago führte er die genaueste Messung der Schwerkraft zu Paris aus; von ihm rührt die einzige vorliegende direkte Messung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles in einem festen Körper her. Mit Arago zusammen maß er zuerst die Brechungsexponenten der Gase, er entdeckte den Unterschied in der Doppelbrechung der einachsigen Kristalle, beschäftigte sich viel mit den Farbenringen, welche dünne Kristallplatten im polarisierten Licht zeigen, und wurde der Begründer der optischen Saccharometrie. Verdienstvoll sind seine Arbeiten über Wärmeleitung sowie über Magnetismus und Elektrizität. Die mit Savart vorgenommene Untersuchung über die ablenkenden Kräfte, welche ein Strom auf eine Magnetnadel ausübt, führten zu dem Biot-Savartschen Gesetz, welches eine wesentliche Stütze der Ampèreschen Theorie des Magnetismus bildet. Er schrieb: „Analyse du traité de la mécanique céleste de Laplace“ (Par. 1801); „Essai de géométrie analytique“ (das. 1802, 8. Aufl. 1834; deutsch von Ahrens, 2. Aufl., Nürnb. 1840); „Traité élémentare d’astronomie physique“ (Par. 1805, 2 Bde.; 3. Aufl. 1841–57, 5 Bde.); „Traité de physique expérimentale et mathématique“ (das. 1816, 4 Bde.); „Traité élémentaire de physique expérimentale“ (das. 1818 bis 1821, 2 Bde.; deutsch mit Zusätzen von Fechner, 2. Aufl., Nürnb. 1828–29, 5 Bde.). B. wurde ferner durch seine optischen Untersuchungen zu einer Theorie der Bewegung der Äthermoleküle geführt, welche er in den „Recherches expérimentales et mathématiques sur les mouvements des molécules de la lumière autour de leur centre de gravité“ (Par. 1814) niederlegte. Als Historiker veröffentlichte B. „Mélanges scientifiques et littéraires“ (Par. 1858, 3 Bde.), worin er das Leben hervorragender Mathematiker und Physiker schilderte. Auch beschäftigte er sich mit der Astronomie der Ägypter, Inder und Chinesen und veröffentlichte darüber: „Recherches sur plusieurs points de l’astronomie égyptienne“ (Par. 1829); „Recherches sur l’ancienne astronomie chinoise“ (das. 1840) und „Études sur l’astronomie indienne et sur l’astronomie chinoise“ (das. 1862). Mit Arago verfaßte er „Recueil d’observations géodésiques, astronomiques et physiques“ (Par. 1824).

2) Edouard Constantin, berühmter Sinolog, Sohn des vorigen, geb. 2. Juli 1803 zu Paris, studierte an der polytechnischen Schule und begleitete 1824 und 1825 seinen Vater auf einer wissenschaftlichen Reise nach Italien. Dann übernahm er die Erbauung einer Eisenbahn von St.-Etienne nach Lyon, der ersten in Frankreich. Wegen Kränklichkeit zog er sich aus dem Staatsdienst zurück und begann seine Muße dem Studium des Chinesischen zu widmen. Seit 1847 Mitglied der Akademie, starb er 12. März 1850. Früchte seiner chinesischen Studien waren zahlreiche Aufsätze im „Journal des savants“ und „Journal asiatique“ sowie die größern Werke: „Dictionnaire des villes et arrondissements de l’empire chinois“ (Par. 1842); „Essai sur l’histoire de l’instruction publique en Chine“ (das. 1845, 2

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 961. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0961.jpg&oldid=- (Version vom 10.12.2021)
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