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Seite:Meyers b3 s0175.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 3

ist das Vorkommen im Serpentin (Frankenstein in Schlesien), im Glimmerschiefer (Schweden, Cykladen), in Klüften des Kalksteins (Waltershausen), im Keupermergel (Württemberg), auf Eisenlagerstätten (Neuenburg in Württemberg) und in andern Erzgängen (Freiberg). Der weiße B. (B. alba) ist gräulichweiß, oft weiter nichts als feinerer oder gröberer Thon, diente früher als austrocknendes und blutstillendes Mittel, jetzt noch als Kitt bei Destillation von Säuren. Der braune B. (braune Erde von Siena) wird namentlich in der Freskomalerei und für braune Kupferstiche benutzt. Der rote B. von Sinope und aus Nordafrika (Sinopis) wurde von den Alten viel zum Bemalen der Täfelchen, womit die Wände belegt wurden, benutzt und zeigt sich noch in Pompeji in seiner vollen Farbenpracht. Der rote B. (B. rubra) dient als Anstrichfarbe und wird besonders aus Nürnberg bezogen. Der armenische oder morgenländische B., die feinste Sorte des vorigen, ist höchst feinerdig und fettig. Oft hat seine rote Farbe einen Stich ins Gelbe. In Frankreich reinigt man ihn oft schon in den Gruben, formt ihn in kleine, runde Scheiben und drückt ein Zeichen darauf. Schon die Alten wendeten das Leukophoron als Bindemittel für das Gold, wenn es auf Holz aufgetragen wurde, an, und so tragen ihn noch jetzt die Vergolder als Untergrund auf das Holz. Ebenso wird er zur Grundierung des Gold- und Silberpapiers gebraucht. Aus Armenien selbst kommt dieser B. nicht mehr, wie in ältern Zeiten, nach Europa; wohl aber geht er von da stark nach Indien, wo er noch medizinische Anwendung findet. Der gelbe B. (B. lutea) wird von den Vergoldern dem armenischen B. vorgezogen. Die Holländer holen ihn aus Berry, brennen ihn, wodurch er schön rot wird, und verkaufen ihn als Englisch- oder Berliner Rot. Außerdem dient er als Kitt, zur Anfertigung von Formen für Metallguß, zu Gefäßen und Pfeifenköpfen und geschlämmt als Poliermittel für Glas, Metalle u. Steine sowie früher in der Medizin als absorbierendes Mittel.

Bolus (neulat.), Bissen, Arzneiform für Menschen und Tiere, pillenartig, aber größer und weicher als die Pille, wird auf einmal verschlungen.

Bolyai, Farkas (Wolfgang), Mathematiker, geb. 9. Febr. 1775 zu Bolya im Szeklerland, studierte in England und Klausenburg und ging dann zur weitern Ausbildung 1797 nach Jena und Göttingen, wo er einen Freundschaftsbund mit Gauß schloß, der später von ihm rühmte, daß er der einzige gewesen sei, der in seine metaphysischen Ansichten über Mathematik einzugehen verstanden habe. 1802 ward er Professor der Mathematik, Physik und Chemie am reformierten Kollegium zu Maros-Vásárhely, wo er bis zu seiner Pensionierung 1849 wirkte. Er starb 20. Nov. 1856. Sein mathematisches Hauptwerk ist das „Tentamen juventutem studiosam in elementa matheseos purae introducendi“ (Maros-Vásárhely 1832 u. 1833, 2 Bde.), welches in einem von seinem Sohn Johann geschriebenen Appendix die neue Darstellung der Parallelentheorie enthält, welche B. hauptsächlich berühmt gemacht hat. Auszüge aus diesem Appendix hat Hoüel („Essai critique sur les principes fondamentaux de la géométrie élémentaire“, Par. 1827) veröffentlicht. – Von seinen zwei Söhnen hat sich der eine, Johann, geb. 15. Dez. 1802 zu Klausenburg, gest. 1860 als pensionierter Hauptmann, gleichfalls als scharfsinniger Mathematiker bewährt.

Bolzāno, ital. Name für Bozen.

Bolzāno, Bernhard, kathol. Theolog, Philosoph und Mathematiker, geb. 5. Okt. 1781 zu Prag aus einer ursprünglich italienischen Familie, zeichnete sich schon als Student durch Aufstellung einer der später von Legendre gegebenen sehr ähnlichen Parallelentheorie (Prag 1804) aus, wurde, noch sehr jung, 1805 Professor der Religionsphilosophie an der Universität seiner Vaterstadt und geriet durch seine freimütigen Vorträge wie durch seine von Personen aller Stände eifrig gesuchten Predigten bald so sehr in den Ruf der Heterodoxie, daß infolge einer von jesuitischer Seite ausgegangenen Denunziation nach Rom, die ihn des Rationalismus und der Hinneigung zum Protestantismus beschuldigte, eine Untersuchung über ihn verhängt, der Widerruf vier als ketzerisch bezeichneter Punkte gefordert und, da er denselben verweigerte, 1820 unter dem Eindruck der allgemeinen Furcht vor Studentenverschwörungen seine Entsetzung vom Lehramt ausgesprochen wurde. Seitdem lebte er zurückgezogen und nur mit seinen Studien und der Abfassung zahlreicher theologischer, philosophischer und mathematischer Werke beschäftigt, die der in Österreich damals bestehenden Zensur wegen teils gar nicht, teils nur auf Umwegen und größtenteils ohne seinen Namen zum Druck gelangten, auf dem Landgut einer ihm befreundeten Familie bis an seinen Tod (18. Dez. 1848), der ihn gerade in dem Augenblick hinwegraffte, als in seiner Heimat ein freierer Geist sich gewaltsam Bahn brechen zu wollen schien. B. gehörte als Theolog der moralistisch-rationalen Richtung der Sailer, Reinhard, Ammon u. a. an; bei dem Inhalt der Glaubenslehre galt ihm dessen historische Glaubwürdigkeit weniger als dessen theoretische und praktische Vernunftmäßigkeit. Als Philosoph fand er sich am meisten von Leibniz befriedigt, dessen Lehre von den ewigen Wahrheiten er seiner Logik, wie dessen Monadenlehre seiner Metaphysik zu Grunde legte. Als Kanzelredner erinnerte er durch seine mehr philosophisch analysierende als homiletische Vortragsweise sowie durch die freie Behandlung der Schrifttexte an Schleiermacher, nur daß ihm dessen glänzende oratorische Begabung abging. In Bezug auf Kirchenverfassung schloß er sich den freisinnigen Bestrebungen der Wessenbergschen Schule an, an deren Organ, den „Freimütigen Blättern“, er fleißig mitarbeitete. Als Lehrer, Priester und Mensch gehörte B. selbst nach dem Zeugnis seiner Gegner zu den sitten- und fleckenreinsten Erscheinungen seines Standes. Ein großer Teil seiner fast durchaus von Freunden herausgegebenen Schriften, namentlich der mathematischen, die eine umfassende methodische Umgestaltung dieser Wissenschaft enthalten, ist noch ungedruckt. Seine vorzüglichsten Schriften sind: „Lehrbuch der Religionswissenschaft“ (Sulzbach 1834, 4 Bde.); „Wissenschaftslehre. Versuch einer neuen Darstellung der Logik“ (das. 1837, 4 Bde.), sein Hauptwerk, zu welchem Heinroth eine empfehlende Vorrede schrieb; „Athanasia, oder Gründe für die Unsterblichkeit der Seele“ (das. 1827, 2. Aufl. 1838); „Über die Perfektibilität des Katholizismus“ (Leipz. 1845); zwei Abhandlungen „Zur Ästhetik“ in den „Denkschriften der Königlich Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften“, deren eifriges Mitglied er war („Über den Begriff des Schönen“, 1843, und „Über die Einteilung der Künste“, 1849); „Über den Satz der Zusammensetzung der Kräfte“ (das. 1842); ferner die Streitschriften: „Krug und B.“ (Sulzbach 1837), gegen Krugs „Antidoton“; „B. und seine Gegner“ (das. 1839); Schreiben an Theiner (1827), Tzschirner (1828), Röhr (1837); die „Prüfung der Philosophie von Hermes“ (1840), gegen die Hermesianer; die nach seinem Tod erschienene Schrift „Was ist Philosophie?“

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 3. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b3_s0175.jpg&oldid=- (Version vom 21.3.2024)
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