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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4

zum eigentlichen Mittelhochdeutschen vertritt. Er schrieb außer einem legendarischen „Servatius“ und Minneliedern seine „Eneide“ (nach französischem Vorbild), deren Anlage und Ausführung auf die nachfolgende ritterliche Dichtung stark einwirkte. Gleichzeitig und wenig später entstanden der „Eraclius“ des Meisters Otto, der „Karlmeinet“ eines ungenannten Dichters, das „Lied von Troja“ (Trojanerkrieg) des Herbart von Fritzlar. Höher in Weltauffassung und Kunst erhoben sich die großen Epiker der ersten Jahrzehnte des 13. Jahrh.: Hartmann von Aue, der in den Gedichten: „Der arme Heinrich“, „Erec“, „Gregorius vom Stein“, „Iwein“ die verschiedensten Stoffe behandelt; Gottfried von Straßburg, dessen viel angefochtener „Tristan“ durch glutvolle Leidenschaft und höchste Formvorzüge wie kein andres Gedicht der Zeit ausgezeichnet ist; Wolfram von Eschenbach, der tiefsinnigste, innigste, sprachgewaltigste und phantasiereichste ritterliche Dichter des deutschen Mittelalters, welcher im „Parzival“ die über Frankreich nach Deutschland gelangte keltische Sage in wunderbarer und eigenartiger Richtung neu gestaltete, im Gedicht „Willehalm“ einen Stoff des karolingischen Sagenkreises bearbeitete, im unvollendeten „Schionatulander“ aber auf seine frühere Stoffwelt zurückgriff. Der Blütezeit gehören an Dichtungen von tieferm Gehalt und durchgebildeter Kunst noch an: „Flore und Blanscheflur“ des Konrad Flecke, „Wigalois“ des Wirnt von Gravenberg, „Lancelot“ des Ulrich von Zatzikhoven. Gottfried von Straßburg fand später Fortsetzer in Ulrich von Türheim und Heinrich von Freiberg, Wolfram von Eschenbach gleichfalls in dem Türheimer, in Ulrich von dem Türlin, Albrecht von Scharffenberg und den unbekannten Dichtern des „Wartburgkriegs“ und des „Lohengrin“. Auch die Zeit zwischen 1220–60, obschon den ritterlichen Dichtern bereits minder günstig, brachte noch hervorragende Leistungen. Der Stricker dichtete außer den größern Epen „Daniel von Blumenthal“ und „Karl“ einzelne Fabeln und die im „Amis“ vereinten Schwänke; Rudolf von Ems bewährte sich als fruchtbarer und glücklicher poetischer Erzähler im „Guten Gerhard“, „Baarlam und Josaphat“, „Wilhelm von Orlienz“, im „Alexander“ und der unvollendeten „Weltchronik“; der „Pleier“, aus einem steirischen Geschlecht, vollendete nicht weniger als drei Epen aus dem Artuskreis: „Garel vom blühenden Thal“, „Tandarois und Flordibel“, „Meleranz von Frankreich“. Am höchsten unter allen erzählenden Gedichten der Nachblüte steht wohl der vortreffliche „Meier Helmbrecht“ von Wernher dem Gartener, einem bayrischen Geistlichen zwischen 1234 und 1250. Selbst rein geistliche Stoffe wurden im Stil des höfischen Epos behandelt, so: „Die Kindheit Jesu“ von Konrad von Fußesbrunn und die „Himmelfahrt Mariä“ von Konrad von Heimesfurt. Gegen den Schluß des Jahrhunderts, unter ungünstigen Zeitumständen und bei rasch eintretender Kunstverwilderung, erhob sich noch ein fruchtbarer, phantasievoller Dichter bürgerlichen Ursprungs, Meister Konrad von Würzburg, der in lyrischen Gedichten und einer besondern „Klage der Kunst“ freilich schon andeutet, daß guter Gesang jetzt bei Hof minder gefällt als schmähliche Worte, aber mit einer ganzen Reihe von erzählenden Gedichten: „Alexius“, „Silvester“, „Die goldene Schmiede“, „Engelhart und Engeltrud“, „Kaiser Otte“, „Das Herze“, „Partonopier und Meliur“, und dem ungeheuerlich großen Gedicht „Der Trojanische Krieg“ die spröden Zeitgenossen zu gewinnen trachtete.

Neben der Epik blühte eine reiche ritterliche Lyrik. Außer Heinrich von Veldeke, Hartmann von Aue und Gottfried finden wir Heinrich von Morungen, Reinmar von Hagenau (Reinmar der Alte), Ulrich von Singenberg, Christian von Hameln, Leutold von Säben, Gottfried von Neifen, Burkard von Hohenfels, Ulrich von Lichtenstein (dessen „Frauendienst“ zugleich ein lebendig anschauliches Bild des ungesund gewordenen Minnewerbens und Minnedienstes gewährt), Hildbold von Schwangau, Ulrich von Winterstetten, Reinmar von Zweter, alle überwiegend der weltlichen Minne huldigend, gelegentlich auch (namentlich in Marienliedern) ihrer religiösen Empfindung Ausdruck gebend oder zur politischen Lyrik hinüberneigend. Der größte lyrische Dichter der Periode, Walther von der Vogelweide (gest. 1230 bei Würzburg), wahrscheinlich ein Tiroler oder Franke, der in Österreich am kunstsinnigen Hof der Babenberger „singen und sagen gelernt“ und am Hof Landgraf Hermanns von Thüringen gesungen, beherrscht das ganze Gebiet des Liedes. Seine Lieder lassen sich zwischen 1198 und 1228 fixieren. Ihm gelang es, in den künstlichsten Strophen der ritterlichen Lyrik die volle Frische des volkstümlichen Liedes zu erhalten; er ist „der vielseitigste, tiefste, männlichste lyrische Dichter Deutschlands“. Unter seinen Zeitgenossen und Nachfolgern bilden Nithart von Reuenthal, der Tannhäuser, Steinmar, Konrad von Kirchberg u. a. durch die Anlehnung an die volksmäßigen (dörfischen) Reigen eine besondere Gruppe innerhalb der ritterlichen Lyrik.

Auch die didaktischen Gedichte des Zeitraums stellen höfische Sitten und Tugenden (Hofzucht) in den Vordergrund, so: „Der Winsbeke“ und (minder wertvoll) „Die Winsbekin“; „Der welsche Gast“ des Thomasin von Zerclaere; Freidanks „Bescheidenheit“, des Tannhäusers „Hofzucht“ und „Der Renner“ des Hugo von Trimberg, der am Ausgang dieser Zeit (zwischen 1260 und 1309) entstand und einen allgemeinern Ton der Sittenpredigt anschlägt.

IV. Zeitraum.
Der Verfall der ritterlichen Dichtung und der Übergang zur bürgerlich-lehrhaften Poesie.

Am Ausgang des 13. Jahrh. war es entschieden, daß die ritterliche Dichtung keine Zukunft habe; der höfische Adel hatte aufgehört, Träger der besten Bildung der Zeit zu sein. Die edlen Sänger wurden wieder abgelöst von fahrenden Leuten bürgerlichen Ursprungs, welche freilich noch eine Zeitlang mit den Mitteln zu wirken suchten, durch welche die großen erzählenden Dichter und Lyriker der vergangenen Periode gewonnen hatten. Allegorie und übel angebrachte Gelehrsamkeit verdrängen das wirkliche Leben aus den epischen Dichtungen. So in der „Martina“ des Deutschordensritters Hugo von Langenstein (um 1293 gedichtet), so im „Alexander“ des Ulrich von Eschenbach (zwischen 1270–84), so im „Apollonius von Tyrland“ des Wiener Arztes Heinrich von der Neuenstadt (um 1300), so in der „Deutschordenschronik“ des Nikolaus von Jeroschin (um 1350). Einfacher blieben die großen Dichtungen geistlichen Stoffs und Gepräges, die jetzt in dem mannigfach heimgesuchten Deutschland wieder größern Beifall gefunden zu haben scheinen. Die große Legendensammlung eines ungenannten Dichters: „Das große Passional“ (100,000 Verse), die legendarische „Geschichte der heil. Elisabeth“, die „Marienleben“ von Bruder Philipp dem Kartäuser und Walther von Rheinau gehören hierher. Das rein allegorische Gedicht, welches im Anfang der Verfallzeit noch mit einer gewissen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 737. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b4_s0737.jpg&oldid=- (Version vom 6.3.2023)
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