Zum Inhalt springen

Seite:Meyers b4 s0785.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4

vom Rennsteig des Thüringer Waldes bis beinahe an den Ausfluß der Wernitz in die Donau. Am nächsten sind sie mit den schwäbischen und bayrischen Mundarten verwandt, denn wenn auch in ihnen die in diesen eigentümliche Aussprache des st und sp im Inlaut als schd und schb aufhört, so haben sie dafür nicht selten die Aussprache des bloßen s als sch; aber die Nasentöne nehmen ab, der breite, kräftige, aufgeblasene Ton der südlichen Dialekte verwandelt sich in einen geschmeidigen und spitzigen. Die Grenze zwischen der Mundart des Mittelmains, der westfränkischen, und der des Obermains, der ostfränkischen, zieht sich nach Schmeller von der obern Wernitz längs der Wasserscheide zwischen Tauber und Regnitz zum Main, überschreitet diesen Fluß östlich von Würzburg, da, wo derselbe nicht mehr, wie von seiner Quelle an, Mâ sondern Mê genannt wird, und wendet sich westlich von Schweinfurt gegen die Quellen der Saale, wo schon die Mundart der obern Werra, die hennebergische, beginnt. Die vorzugsweise fränkische oder ostfränkische Mundart weist an Stelle der alten, noch in Bayern und der Schweiz hörbar als Doppellaute gesprochenen ïe ein ei, öfters auch ein öi auf, an Stelle der alten uo, welche noch in Bayern diphthongisch lauten, ein ou, während die langen o größtenteils in aù, wo u den Ton hat, die eigentlichen au der Schriftsprache aber meist in a verwandelt werden; das alte ai geht gewöhnlich in à über. Doch findet auch hier große Verschiedenheit statt. Dichterisch ausgebildet wurde diese Mundart von den Nürnbergern Grübel, Zuckermandel, W. Marx und W. Weickert und dem Koburger Fr. Hofmann. Ein Idiotikon für den Nürnberger Dialekt von Häslin findet sich im „Deutschen Museum“ (November 1781). Der hennebergische Dialekt herrscht östlich der obern Fulda bis fast zur obern Saale und umfaßt vorzugsweise die gesamte Werragegend oberhalb Salzungen bis Themar, über welches hinaus er schon fränkische Elemente aufnimmt. Er charakterisiert sich durch die Bewahrung des altdeutschen û; welches sowie das altdeutsche î hier und auch in einem großen Teil Thüringens und Hessens nicht in das neuhochdeutsche au, resp. ei übergegangen ist; ferner durch die Verwandlung der Endsilbe ung in ing, des w am Anfang eines Wortes (häufig) in b, des ei in ê und der Endsilben agen in ö, z. B. Hus statt Haus, Méning statt Meinung, bie statt wie, Wö statt Wagen, geschlö statt geschlagen. Statt des n am Ende läßt er häufig einen bloßen Nasenhauch hören. Dichterisch wurde dieser Dialekt in neuerer Zeit vielfach ausgebeutet. Einzelne Gedichte brachte schon das „Koburg-Meiningische Taschenbuch“ (1804 ff.). Gedichtsammlungen veröffentlichten: Neumann (im Wasunger Dialekt), Mylius (in Themarer Mundart); einzelne Gedichte: Klett („Gaul böck dich“, im Suhler Dialekt), Reinhard und Deckert (in Schleusinger Mundart), Wucke (im Salzunger Dialekt), Schneider (im Meininger Dialekt) u. a. Ein hennebergisches Idiotikon gab Reinwald, von einem andern veröffentlichte Brückner Proben. Vgl. Spieß, Beiträge zu einem hennebergischen Idiotikon (Wien 1881); Derselbe, Die fränkisch-hennebergische Mundart (das. 1873). Die Mundarten der Rhön, die durch das Ulsterthal mit der Werragegend, durch das Saale- und Sinnthal mit dem Main, durch das Kinzigthal mit der Wetterau und durch die Fulda mit Niederhessen in Verkehr stehen, haben durch die Einwirkung der mehr als tausendjährigen Herrschaft des Stifts Fulda einen gewissen allgemeinen Charakter angenommen, ohne jedoch ihre ursprünglichen Bestandteile ganz zu verleugnen. Ein charakteristisches Kennzeichen des Rhöndialekts ist der Gebrauch der Diminutivendung „lich“ (statt „lein“ oder „chen“) und zwar für den Plural, während der Singular „le“ hat (z. B. das Häusle, die Häuslich).

Das Westfränkische unterscheidet sich vom Ostfränkischen besonders dadurch, daß in ihm die Doppellaute ie und ei, statt in i und a, in äi und ê übergehen. Nicht ohne Einfluß blieb das Niederdeutsche auf dasselbe. Die sogen. rheinische Mundart, zwischen dem Unterrhein und der Lahn, gehört, ebenso wie die eben besprochene west- und ostfränkische, zu dem Komplex der oberfränkischen Mundarten; da die Grenze derselben in Hessen, namentlich bei Alsfeld, großenteils mit der Grenze des Oberlahngaues zusammenfällt, so scheinen im allgemeinen die beiden Lahngaue, die Wetterau, der Maingau, die beiden Rheingaue, der Niedgau und anliegende Gegenden dieses Sprachgebiet zu bilden. Hierher gehören: die Frankfurter Lokalpossen von Malß („Volkstheater in Frankfurter Mundart“, 2. Aufl., Frankf. 1850), W. Pfeiffer und W. Sauerwein; die Gedichte von Fr. Stoltze („Frankfurter Krebblzeitung“ und „Gedichte“); die Mainzer Posse „Herr Hampser als Stadtrat“; Lennigs komische Dichtungen in Pfälzer Mundart („Etwas zum Lachen“, „Die Weinproben“ etc.); die pfälzischen Gedichte von Fr. v. Kobell, Nadler, Woll etc. – Das Gebiet des Rheins von Luxemburg, Trier, Koblenz, nördlich bis nach Düsseldorf und Aachen, bildet dann wieder eine zusammengehörige Mundartengruppe, die niederrheinische oder mittelfränkische. Die hierher gehörigen Mundarten sind mitteldeutsche mit den hauptsächlichsten Erscheinungen der hochdeutschen Lautverschiebung; doch sind sie in einigen Punkten auf niederdeutscher Stufe stehen geblieben und haben besonders das gemeinsam, daß sie sämtlich dat, et, wat haben statt des in allen übrigen mitteldeutschen Gegenden herrschenden verschobenen das, es, was. Außerdem stimmen sie darin mit dem Niederdeutschen überein, daß sie wie dieses, hochdeutschem b entsprechend, in- und auslautend v, resp. f haben, z. B. kölnisch Wif (Weib), Plural: Wiver. Man bezeichnet sie daher als Übergangssprache von den hochdeutschen Mundarten zu den niederdeutschen. Man kann sie wiederum in drei Nebendialekte teilen: den luxemburg-lüttichschen, den trierschen und den kölnischen. Die luxemburg-lüttichsche Mundart wird gesprochen von Diedenhofen bis an den Ausfluß der Sure in die Mosel, von da längs der Sure und Oure bis Vianden, von wo sie sich fast in gerader Richtung nach Westen bis an das Wallonische zieht. Die triersche Mundart zieht sich von Saarlouis über den Gau zwischen Mosel und Saar längs der Grenze des Luxemburgischen bis St. Vith, von da längs der kölnischen Grenze bis an den Rhein. Sie spricht die Vokale noch gedehnter und langsamer als die vorige. Die kölnische Mundart beginnt mit den Hofgerichtshöfen Bütgenbach, Amel und Büllingen. Einen ganz andern Dialekt spricht man vier Stunden über Prüm von Hillesheim bis zur Aar und dem Rhein. Dichterisch behandelten den Luxemburger Dialekt H. Meyer („E Schreck ob de Letzeburger Parnassus“, Letzeburg 1829), den Aachener F. Jansen („Gedichte“, Aachen 1820) und Jos. Müller („Gedichte und Prosa“, 2. Aufl., das. 1853), den Trierer Loyen („Gedichte“, Trier 1850), den Kölner Dialekt Wallraf („Die Poststation[WS 1]“, Fastnachtsposse, Köln 1818) u. a. Vgl. J. Müller und Weitz, Aachener Idiotikon (Aachen 1836); Hönig, Wörterbuch der Kölner Mundart (Köln 1877). Die westerwäldischen Mundarten hat Schmidt in seinem „Westerwäldischen Idiotikon“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Po-|station
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 785. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b4_s0785.jpg&oldid=- (Version vom 12.6.2021)
OSZAR »