verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4 | |
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Den ersten Ansatz zu einem neuhochdeutschen Wörterbuch bildeten die deutsch-lateinischen alphabetisch geordneten Wörterverzeichnisse, welche den lateinisch-deutschen Vokabularien beigefügt waren, und deren ältestes Gherardus de Schuerens „Vocabularius teuthonista“ (Köln 1475) enthält. Später ließ man den deutsch-lateinischen Vokabular für sich erscheinen, was zuerst in dem durch K. Zeninger gedruckten „Vocabularius theutonicus“ (Nürnb. 1482) geschah, auf welchen bald der „Vocabularius incipiens teutonicum ante latinum“ (gegen 1500), ferner ein „Vocabularius primo ponens dictiones theutonicas“ (Straßb. 1515) und unter dem Titel: „Die Teutsch spraach“ (Zürich 1561) ein die Schweizer Mundart darlegendes deutsch-lateinisches Wörterbuch von Maaler folgten. Dagegen war das „Dictionarium germanico-latinum“ von P. Dasypodius wieder dessen „Dictionarium latino-germanicum“ (Straß. 1535 u. öfter) angehängt. Das erste eigentlich deutsche Lexikon war das Reimwörterbuch von Erasmus Alberus, das unter dem Titel: „Novum dictionarii genus“ (Frankf. 1540) erschien. Den vollständigen deutschen Sprachschatz aufzustellen, unternahm zuerst G. Henisch in seinem weitschichtig angelegten Werk „Teutsche Sprach und Weißheit“, von dem aber nur der erste, mit G abschließende Band (Augsb. 1616) im Druck erschien. Später legte J. G. Schotelius ein Verzeichnis der „Stammwörter der Teutschen Sprache“ in seiner „Ausführlichen Arbeit von der Teutschen Hauptsprache“ (Braunschw. 1663) nieder, und gegen den Schluß des Jahrhunderts folgte Kaspar v. Stielers alphabetisch nach Wurzeln und Stämmen (oft ziemlich wunderlich) geordneter, sehr reichhaltiger „Teutscher Sprachschatz“ (Nürnb. 1691). Im 18. Jahrh. gab zuerst Steinbach sein ebenfalls nach Wurzeln und Stämmen geordnetes „Vollständiges deutsches Wörterbuch“ (Bresl. 1734, 2 Bde.) heraus, das aber durch das dem Forscher noch heute nützliche „Teutsch-Lateinische Wörterbuch“ von Frisch (Berl. 1741, 2 Bde.) verdunkelt wurde. Schon letzterer suchte dadurch, daß er die zusammengesetzten Wörter unter das erste Wort der Zusammensetzung in ihrer Reihenfolge ordnete, sich der rein alphabetischen Ordnung zu nähern; streng und entschieden durchgeführt wurde dieselbe aber zuerst von J. Chr. Adelung in seinem großen „Grammatisch-kritischen Wörterbuch der hochdeutschen Mundart“ (Leipz. 1774–86, 5 Bde.; 2. Aufl. 1793–1802, 4 Bde.), dem er ein „Kleines Wörterbuch für die Aussprache, Orthographie, Biegung und Ableitung“ (das. 1788, 2. Ausg. 1790) und einen Auszug aus dem Hauptwerk (das. 1793–1802, 4 Bde.) nachfolgen ließ. Auch K. Phil. Moritz begann ein „Grammatisches Wörterbuch der deutschen Sprache“ (von Stutz, Stenzel und Vollbeding vollendet; Berl. 1793–1800, 4 Bde.). An Gehalt tief unter Adelungs großem Werk stehen Voigtels „Versuch eines hochdeutschen Handwörterbuches“ (Halle 1793–95, 3 Bde.) und „Handwörterbuch der deutschen Sprache“ (das. 1804), wie nicht minder das „Wörterbuch der deutschen Sprache“ von Campe (Braunschw. 1807–11, 5 Bde.) das wieder dem „Volkstümlichen Wörterbuch der deutschen Sprache“ von Heinsius (Hannov. 1818–20, 4 Bde.) zu Grunde liegt. Die folgenden Jahre brachten eine Reihe deutscher Wörterbücher, die aber fast alle tiefere Sachkenntnis und eine erschöpfende Behandlung des Gegenstandes mehr oder minder vermissen lassen, trotzdem, daß bereits seit 1822 durch J. Grimm eine deutsche Philologie sich entfaltet hatte und blühte. Diese sind: Örtels „Grammatisches Wörterbuch der deutschen Sprache“ (Münch. 1830, 2 Bde.); das „Handwörterbuch der deutschen Sprache“ von J. Chr. Aug. Heyse und dessen Sohn K. W. L. Heyse (Magdeb. 1833–49, 2 Bde.); das „Gesamtwörterbuch der deutschen Sprache“ von Kaltschmidt (Leipz. 1834); das „Kurze deutsche Wörterbuch für Etymologie, Synonymik und Orthographie“ von Schmitthenner (Darmst. 1834, 2. Aufl. 1837); das „Wörterbuch der deutschen Sprache“ von K. Schwenck (Frankf. 1834, 2. Aufl. 1856); das „Handwörterbuch der deutschen Sprache“ von Weber (15. Aufl., Leipz. 1883); das „Handwörterbuch der deutschen Sprache“ von Chr. Wenig (7. Aufl., Köln 1884) und das „Vollständigste Wörterbuch der deutschen Sprache“ von W. Hoffmann (Leipz. 1852–61, 6 Bde.). Alle diese Werke in Schatten stellend, erscheint seit 1852 das „Deutsche Wörterbuch“ von Jak. und Wilh. Grimm, ein wahrhaft vaterländisches Werk, das, seit dem Tode der Begründer in deren Geist von R. Hildebrand, K. Weigand, M. Heyne und M. Lexer fortgeführt, den gesamten neuhochdeutschen Sprachschatz von etwa 1470 an bis auf die Gegenwart in sich aufnimmt. Neben diesem Werk sind aus neuester Zeit noch mit Achtung zu nennen: das „Wörterbuch der deutschen Sprache“ von D. Sanders (Leipz. 1860–65, 3 Quartbände), dessen „Handwörterbuch der deutschen Sprache“ (3. Aufl., das. 1883) und „Ergänzungswörterbuch“ (Stuttg. 1879 ff.); Dieffenbach-Wülckers „Hoch- und niederdeutsches Wörterbuch der ältern und mittlern Zeit zur Ergänzung der vorhandenen Wörterbücher“ (Frankf. u. Basel 1874–85); Kluges „Etymologisches Wörterbuch“ (Straßb. 1882) und als das beste der kleinern Werke das „Deutsche Wörterbuch“ von K. Weigand (4. Aufl., Gießen 1882). Synonymiken gaben Eberhard („Versuch einer allgemeinen deutschen Synonymik“, Halle 1795–1802, 6 Bde.; 4. Aufl. von Meyer, Leipz. 1853, und „Synonymisches Handwörterbuch“, das. 1802; 13. Aufl. von Lyon und Wilbrandt, das. 1882), Weigand („Wörterbuch der deutschen Synonymen“, 2. Aufl., Mainz 1852, 2 Bde.), Meyer („Handwörterbuch deutscher sinnverwandter Wörter“, 5. Aufl., Leipz. 1863) und Sanders („Wörterbuch deutscher Synonymen“, 2. Aufl., Hamb. 1882). – Die Geschichte der deutschen Sprache schrieben: J. Grimm („Geschichte der deutschen Sprache“, 4. Aufl., Berl. 1880), H. Rückert („Geschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache“, Leipz. 1875, 2 Bde.) und Behaghel („Die d. S.“, das. 1885). Vgl. dazu auch R. v. Raumer, Geschichte der germanischen Philologie, vorzugsweise in Deutschland (Münch. 1870).
Schließlich haben wir noch die deutsche Schrift zu erwähnen, über die uns J. Grimm in der Vorrede zum „Deutschen Wörterbuch“ (Bd. 1) schätzbare Aufschlüsse gibt. Die alten Deutschen bedienten sich einer auf gemeinsame Grundformen hinweisenden Buchstabenschrift, der sogen. Runenschrift. Diese Runen (runa, „Geheimnis“), die älteste nationale Schrift der Deutschen, bestanden in senkrechten und schrägen, an oder durch die Senkrechte gesetzten Linien, eine Einrichtung, welche die Schrift augenscheinlich dem Material verdankte (Stein, Holz, Metall), in welches die Runen gerissen oder geritzt wurden. Die Runenschrift findet sich auf einigen uralten goldenen Geräten angewendet, auch in Handschriften nach der Reihenfolge der Buchstaben mit den Namen derselben verzeichnet. Im Nordischen blieb diese Runenschrift länger im Gebrauch. Durch das Christentum ward, wie so vieles andre Nationale, auch diese Schrift verdrängt, da sie, vielfach zur Wahrsagerei
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 789. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b4_s0789.jpg&oldid=- (Version vom 13.6.2021)