verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4 | |
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Am 2. Aug. ward von dem 2. französischen Korps, Frossard, in Gegenwart des Kaisers und des kaiserlichen Prinzen ein Angriff auf Saarbrücken ausgeführt, wo nur etwa 1000 Mann preußische Truppen lagen, die sich nach längerm Gefecht zurückzogen, worauf die Franzosen die Stadt kurze Zeit besetzten, ohne indes weiter vorzudringen. Trotzdem schon 14 Tage seit der Vereinigung der Rheinarmee an der Westgrenze verstrichen waren, befand sich dieselbe noch immer nicht in der Lage, einen allgemeinen Angriff zu unternehmen. Das Korps Douay bei Belfort war noch nicht vollzählig, das 6. und Gardekorps erst auf dem Marsch nach Metz. Daher fiel die Offensive der deutschen Armee zu, welche sich durch Heranziehung des 1., 2. und 6. Korps um 100,000 Mann verstärkt hatte. Die erste Armee marschierte gegen die Saar, die zweite Armee zog mitten durch die Rheinpfalz, die dritte Armee, bei Landau und Germersheim konzentriert, marschierte nach der Lauter. Die letztere Armee kam zuerst mit der 2. Division des Korps von Mac Mahon, welche unter General Douay in Weißenburg stand, in Berührung. Nach heftigem, erbittertem Kampf wurde 4. Aug. von dem 5. und 11. preußischen und dem 2. bayrischen Armeekorps Weißenburg und der dahinterliegende Geisberg erstürmt, wobei Douay selber fiel. Der Kronprinz setzte alsbald seinen Marsch über Weißenburg hinaus fort und traf bei Wörth auf Mac Mahon, welcher mit etwa 50,000 Mann auf den Höhen von Fröschweiler eine starke Position eingenommen hatte. Die Schlacht, welche, entgegen der ursprünglichen Absicht, schon 6. Aug. mit einem Angriff der Bayern und des 5. Korps begann, endigte nach tapferm Widerstand der Franzosen am Nachmittag mit der gänzlichen Niederlage Mac Mahons. An demselben Tag wurde von Truppen der ersten und zweiten Armee nach heldenmütiger Erstürmung der Spicherer Höhen das Korps Frossard geschlagen, worauf die ganze Rheinarmee sich auf Metz zurückzog. Allerdings wurde hierdurch die erste Idee der deutschen Heeresleitung, den Feind durch Umfassung seiner rechten Flanke auf dem rechten Moselufer zur Entscheidungsschlacht zu zwingen, vereitelt. Auch verlor die dritte Armee die Fühlung mit dem besiegten Feind, so daß Mac Mahon und Douay sich mit Hilfe der Eisenbahn unbehelligt ins Lager von Châlons zurückziehen konnten. Dennoch waren diese ersten Siege der Deutschen von der größten Bedeutung. Sie erfüllten das deutsche Volk mit freudiger Siegeszuversicht, Österreich gab seine Absicht, in den Kampf zu gunsten Frankreichs einzugreifen, auf, in Frankreich rief die Kunde von den unerwarteten Niederlagen die größte Bestürzung hervor. Das Ministerium Ollivier-Gramont nahm sofort seine Entlassung, und Graf Palikao bildete ein neues, streng bonapartistisches. Der Plan, eine Landung in Norddeutschland zu unternehmen, ward aufgegeben und die Aushebung aller waffenfähigen Männer beschlossen. Die Wut gegen das siegreiche Deutschland äußerte sich darin, daß sämtliche ansässige Deutsche aus Frankreich vertrieben wurden. Der Kaiser legte 12. Aug. den Oberbefehl der Rheinarmee nieder und übergab ihn Bazaine, blieb aber bei der Armee.
Da die Deutschen beim weitern Vorrücken gegen die Mosel auf keinen Widerstand stießen, so nahm man an, daß auch die in Metz vereinigte Rheinarmee nach Châlons abziehen wolle. In der That war es Bazaines Absicht. Um den Abmarsch zu verzögern, griff die erste Armee 14. Aug. die noch auf dem rechten Moselufer unter den Forts von Metz stehenden französischen Korps an. Das Ergebnis der Schlacht von Colombey-Nouilly war das gewünschte: der am 14. schon begonnene Abmarsch der französischen Rheinarmee nach Verdun wurde eingestellt und erst 16. Aug. wieder aufgenommen. Inzwischen hatten aber mehrere Korps (3. und 10.) der deutschen zweiten Armee die Mosel oberhalb Metz überschritten und die Festung umgangen; sie konnten 16. Aug. den auf der südlichen Straße nach Verdun marschierenden französischen Truppen in die Flanke fallen und durch die blutige Schlacht von Vionville-Mars la Tour den Abzug des Feindes nach Westen zum Stillstand bringen, um so mehr, da Bazaine von der irrigen Ansicht ausging, die deutsche Armee wolle ihn von Metz abdrängen, und sich daher, statt auf der noch offenen nördlichen Straße seinen Marsch nach Westen unter allen Umständen fortzusetzen, auf die Festung selbst zurückzog. Am 17. Aug. nahm er westlich von Metz auf den Höhen von St.-Privat im Norden bis Rozérieulles im Süden mit 140,000 Mann eine starke Defensivstellung ein, in welcher er den Angriff der Deutschen erwartete. Derselbe erfolgte 18. Aug., indem die erste Armee (7. und 8. Korps) gegen den linken französischen Flügel bei St.-Hubert vorging, die zweite Armee (9., 12. und Gardekorps mit dem 3. und 10. Korps in Reserve) den rechten feindlichen Flügel bei Amanvillers und St.-Privat angriff. Der König von Preußen leitete persönlich die Schlacht von Gravelotte aus. Bazaine richtete seine Hauptkraft auf die Behauptung von St.-Hubert, und hier konnte erst am Abend durch das Eingreifen des 2. Korps ein Erfolg erzielt werden. Dagegen gelang es dem 12. Korps und der Garde, den rechten Flügel der Franzosen in der Flanke zu fassen und gänzlich zu zerschmettern, so daß Bazaine sich in der Nacht hinter die Forts zurückziehen mußte. Das Ergebnis der drei Schlachttage von Metz, 14., 16. und 18. Aug., das allerdings mit dem ungeheuern Verlust von 1832 Offizieren und 39,000 Mann erkauft wurde, war, daß der Abmarsch der französischen Rheinarmee nach Châlons verhindert und dieselbe in Metz eingeschlossen wurde.
Zur Zernierung von Metz blieben unter Prinz Friedrich Karl die erste und zweite Armee zurück, zu denen noch die Division Kummer aus den Rheinfestungen, bald auch die 17. Division von der Küstenarmee herangezogen wurden. Es wurden jedoch das Gardekorps, das 4. und 12. Armeekorps von der zweiten Armee abgetrennt und mit der 5. und 6. Kavalleriedivision als vierte (Maas-) Armee unter den Oberbefehl des Kronprinzen Albert von Sachsen gestellt. Diese Armee sollte mit der dritten Armee, welche währenddessen über Nancy die Mosellinie erreicht hatte, unter Oberleitung des Königs den weitern Vormarsch in das Innere Frankreichs vornehmen. Man erwartete, den Feind bei Châlons zu treffen, wenn er es nicht vorzog, sich zur Deckung der Hauptstadt auf Paris zurückzuziehen. Durch die Kavalleriedivisionen, welche, der Infanterie immer um mehrere Tagemärsche voraus, die eignen Bewegungen verdeckten, die feindlichen beobachteten und aufklärten, erhielt das königliche Hauptquartier 23. Aug. die Nachricht, daß die Feinde das Lager von Châlons plötzlich geräumt hätten und nach Norden abgezogen seien. Die Absicht dieser Bewegung wurde sofort richtig erkannt und eine große Rechtsschwenkung der dritten Armee befohlen, welche die bisher nach Westen gekehrte Fronte derselben nach Norden richtete.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 794. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b4_s0794.jpg&oldid=- (Version vom 14.3.2023)