verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9 | |
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Kamelopard (Kamelparder), s. v. w. Giraffe; auch Bezeichnung für das Sternbild der Giraffe (s. d.).
Kamelott (franz. Camelot), leichte, leinwandartig gewebte Stoffe aus Angorawolle, werden in Kleinasien in unerreichter Schönheit hergestellt und im Orient verbraucht. Auch in Brüssel, Leiden und in England werden Kamelotts aus Angorawolle, zum Teil mit Seide gemischt, einfarbig und meliert hergestellt; am häufigsten aber fabriziert man gegenwärtig Kamelotts, die oft gar keine Angorawolle enthalten, bisweilen selbst Baumwolle oder Leinen als Kette. Dahin gehören die Orléans mit wollenem Einschlag und gezwirnter Baumwollkette.
Kamēlschaf, s. v. w. Lama.
Kamēlziege, s. v. w. Angoraziege, s. Ziege.
Kamen (Camen), Stadt im preuß. Regierungsbezirk Arnsberg, Kreis Hamm, an der Seseke und der Linie Dortmund-Hamm der Preußischen Staatsbahn, hat 2 evangelische und eine kath. Pfarrkirche, eine Synagoge, ein Amtsgericht, ein Steinkohlenbergwerk, Papier- und Maschinenfabrikation, Metallgießerei, starke Schuhmacherei und (1885) 4849 meist evang. Einwohner.
Kamēnen (Camēnae, unlat. Kamönen), altital. Göttinnen, singende und weissagende Quellnymphen, unter denen die berühmteste Egeria (s. d.) war. Die römischen Dichter übertrugen dann den Namen häufig auf die Musen, mit Recht, insofern auch diese ursprünglich Quellnymphen waren.
Kamenez-Litowski, Stadt im russ. Gouvernement Grodno, an der Lyesna, mit gegen 3000 Einw. (fast nur Juden), war einst eine sehr reiche Stadt, welche wiederholt vom Preußischen Orden angegriffen und 1375 von Theodorus v. Elner gänzlich zerstört wurde; 1409 empfing Jagello hier die Abgesandten des Papstes Alexander V. Von den alten Bauwerken steht nur noch ein 36 m hoher steinerner Turm (1272–1289 erbaut) neben der über 700 Jahre alten Koloschanskischen Kirche.
Kamenez-Podolsk (poln. Kamieniec-Podolsk), Hauptstadt des russ. Gouvernements Podolien, auf einer felsigen Halbinsel gelegen, welche vom Smotritsch, unweit der Mündung desselben in den Dnjestr, gebildet wird, hat 7 griechisch-kath. Kirchen und ein Kloster, 5 römisch-kath. Kirchen (darunter die 1361 erbaute Peter-Paul-Kathedrale, welche unter der Türkenherrschaft in eine Moschee verwandelt wurde) und 3 Klöster, eine armen. Kirche, eine Synagoge, ein Seminar, 2 Gymnasien, 2 Kirchenschulen, eine Handwerkerschule, viele Fabriken, eine Buchhandlung, ein Theater und (1883) 35,663 Einw. (zur Hälfte Juden). Die Stadt ist Sitz eines griechisch-katholischen und eines römisch-katholischen Bischofs. – K. wird in russischen Chroniken zuerst im 12. Jahrh. erwähnt. 1240 wurde es von Batu bis auf den Grund zerstört. Nachdem es seit 1672 von den Türken besetzt war, kam es im Frieden von Karlowitz (1699) wieder an Polen, bei der Annektierung Podoliens 1795 aber an Rußland. Hier 22. Okt. 1633 Niederlage der Türken durch die Polen und 17. Dez. 1653 Friede zwischen diesen. Die Festungswerke wurden 1813 geschleift.
Kamengrad, Dorf in Bosnien (Kreis Bihac), westlich von Sanski-Most, an der Dubrawa (Zufluß der Sanna), mit Eisengießerei, Eisenhämmern und Bergbau auf Eisen und Silber.
Kamenica (Kamenitz), Markt im kroatisch-slawon. Komitat Syrmien und Dampfschiffstation am rechten Donauufer unweit Peterwardein, mit Schloß und 2 Kirchen, (1881) 4024 meist serb. Einwohnern, Obst- und Weinbau und Viehzucht.
Kamenitz (K. an der Linde), Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Pilgram, mit einem schönen, hoch gelegenen Schloß, Dekaneikirche, Bezirksgericht, (1880) 2216 Einw., Bierbrauerei, Brettsäge, Strumpfwirkerei und Tuchfabrikation. Den Beinamen dankt K. einer Linde, die 26 m hoch ist und einen Umfang von 6 m hat.
Kamenskaja, Ort im Lande der Donischen Kosaken, am Donez und an der Eisenbahn Koslow-Rostow, mit 2 Kirchen und (1882) 11,491 Einw., Sitz der administrativen Behörden des Donezkischen Bezirks.
Kamenz, 1) Stadt in der sächs. Kreishauptmannschaft Bautzen, Amtshauptmannschaft K., eine der sogen. Vierstädte der Oberlausitz, an der Schwarzen Elster und den Linien Arnsdorf-K. der Sächsischen und K.-Senftenberg der Preußischen Staatsbahn, hat 4 Kirchen (darunter eine wendische), ein neues Rathaus mit Bibliothek und Sammlung kirchlicher Altertümer, eine Tuchmacherfachschule, ein 1823 zu Ehren Lessings (der hier 1729 geboren ward, und dessen Kolossalbüste von Knaur auf dem Schulplatz steht) gestiftetes Krankenhaus („Lessingsstift“), ein Amtsgericht, Wollspinnerei und ansehnliche Tuchfabriken, Fabrikation von Topfwaren, Thonröhren, Zementsteinen und Glas, Schönfärbereien, bedeutende Granitbrüche, Gärtnerei, besuchte Getreide- und Viehmärkte und (1885) 7211 meist evang. Einwohner. – K. hieß anfangs Dreikretscham und erhielt erst im 16. Jahrh. den Namen K. Nachdem 1318 der Markgraf Waldemar von Brandenburg die Stadt durch Kauf erworben hatte, unterwarf sich dieselbe nach seinem Tod 1319 dem König von Böhmen. K. hatte im Hussiten- und Dreißigjährigen Krieg sehr viel zu erdulden und kam 1635 an Kursachsen. Durch die Brände 1706 und 1842 wurde die Stadt fast ganz in Asche gelegt. Vgl. Bönisch, Topographie der Stadt K. (Kam. 1824–25); „Urkundenbuch der Städte K. und Löbau“ (im „Codex diplom. Saxoniae regiae“, Bd. 7, Leipz. 1883). – 2) (Kamienica) Dorf und Gut im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Frankenstein, unweit der Neiße, Knotenpunkt der Linien Breslau-Mittelwalde, Kosel-K. und K.-Raudten der Preußischen Staatsbahn, hat eine kath. Kirche und (1885) 904 Einw. Die ehemalige reiche Cistercienserabtei ward 1094 vom Herzog Břetislaw gegründet, 1811 aufgehoben. Das Gebäude wurde nach Schinkels Entwürfen in ein prachtvolles Schloß umgewandelt, das der (1883 gestorbenen) Prinzessin Marianne, geschiedenen Gemahlin des Prinzen Albrecht von Preußen, gehörte und jetzt Eigentum des jüngern Prinzen Albrecht ist. In der ehemaligen Klosterkirche soll Friedrich d. Gr. durch den Abt Tobias Stusche vor den Österreichern gerettet worden sein, indem ihn dieser in ein Chorkleid steckte und mit den Geistlichen die Metten singen ließ, während die Kroaten nach ihm die Kirche durchsuchten. Vgl. Frömmrich, Geschichte der ehemaligen Cistercienserabtei K. (Glatz 1817).
Kamerad (franz. camarade, ital. cameráta), Standesgefährte im allgemeinen, ein Wort, das die Teilung gleicher Rechte und Pflichten in gleichem Stand bezeichnet, wahrscheinlich durch die Schlafgenossenschaft einer Stube (lat. camera) entstanden; daher besonders beim Militär die Benennung für Soldat oder Offizier im Verhältnis zu andern, die mit ihm in demselben Truppenteil dienen.
Kameralíst, ein Kenner oder Beflissener der Kameralwissenschaft (s. d.).
Kamerālwissenschaft (Cameralia), ursprünglich der Inbegriff derjenigen Wissenschaften, die einem Kammerbeamten notwendig sind (vgl. Kammer). In
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 422. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b9_s0422.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2022)