newen Veste gehet man in die alte newe Veste / welche vor disem auch die newe Veste genandt / vnd ehe diese jetzige newe Veste gebawet worden / die gewöhnlich vnd ordinari Fürstliche Residentz gewesen / die vmbher einen Wassergraben hat; inwendig aber ziemblich finster ist; gleichwol einen schönen mit Marmolstein gepflästerten Saal hat / so ein gar künstliches / schönens / hültzenes / vergültes Gedil oder Decken / von gemahlten Bäyerischen Historien hat. Darnach ist noch ein kleiner Saal / auch mit hültznem vergülten Gedil. Vber den Schloßgraben hinauß / hat es einen Gang in die alten Gärten / darinn viel guter alter Bäum / vnd Länder zur Küchenspeiß / vnd Kräuterwerck seyn. Es ist auch da ein langer weiter perspectivischer mit Weinreben vberzogener Spatziergang / vnd auf der Seitten herumb ein langer gepflästerter Gang: zu Ende desselben ein schön Lusthauß / mit etlichen schönen Gemälden / kleinen vnd grossen Zimmern / etc. Vnder anderm ist der Jupiter auff dem Adler sitzendt in der Höhe gemahlet / der wendet die Füsse zu einem / er gehe im Saal / wo er wolle. Auff einer Seiten dieses Lusthauses ist das Außsehen ins Feldholtz / darinn die Hirschen gehen / vnnd Hauffenweiß / biß an das Lußhauß / sonderlich gegen dem Abend / hinan kommen / dessen Bertius, vnnd andere / in Beschreibung dieser Statt / gedencken. Es ist auch der Schießgraben vnnd Schießhütten da herumb. Neben diesen zweyen Vesten / hat es / nahent den Jesuitern / auch ein newes gar weites Gebäw / darinn Hertzog Albrecht auß Bäyern wohnet; vnnd ist die Beschreibung auch in obgedachtem Reyßbuch / am 281. Blat zu finden. Es hat dabey gar einen schönen grossen vnnd wolgezierten Garten; Item einen schönen grossen Zwinger / vber den Stattgraben hinüber / vber das Wasser / darinnen drey Gäng voreinander mit Weinreben / so Hertzog Wilhelm auß Vngarn / Oesterreich / vom Neccar / Rhein / Tauber / Item auß Italia / Franckreich / vnd andern Orthen / mit grossem Vncosten bringen / vnd also zusammen setzen lassen / damit es einen Heurath abgebe; wie dann auch solcher herrlich gut wirdt / sonderlich der Schiller. Es ist auch in diesem Baw eine schöne Apoteck / in welcher / vnter andern / auch ein schönes grosses Rhinocero Horn hanget. Es ist auch hie ein besondre Cantzley / vnnd kan man durch einen versperrten Gang zu den Jesuitern / durch einen andern zu den Capucinern / vnd durch einen andern zu dem Bilgerhauß kommen / in welchem stäts Frembde beherberget / gespeißt / vnnd bekleydet werden / denen man auch eine Zehrung auff den Weg darzu gibt. Es ist auch ein verborgener Gang in die Newe Veste / wiewol der Weg ziemlich weit ist. Die Grotta in diesem newen Baw ist also zusammen gemacht / als wie man in den Gemählden die Eremiten / oder Einsidlers Wohnungen abconterfeit siehet.
Endlichen / so ist der alte Hoff zu sehen / in welchem vor Zeiten die Fürstliche Bäyerische Residentz vnd Hoffhaltung gewesen; Ist ein sehr altes Gebäw / allda der Thurn zu mercken / welcher vnten vnd oben spitzig ist: Item die drey Nägel in der Wand / vnd der Stein darvor / so die Wahrzeichen zu Mönchen seyn. Die Reimen so dabey stehen / hat auch obgedachtes Reyßbuch am 282. Blat die Limnaeus de jure publico, libr. 6. cap. 5. n. 123. ein wenig anders liset. In dieser alten Wohnung der alten Bäyerischen Fürsten / ist jetzt die Rent- vnd Lehen-Stuben / vnnd ein Theil von der Cantzley. Gleich vor dem Hoff draussen / hat es das Löwenhauß. Nicht weit darvon ist die Fürstliche Bibliothec / darzu ein sehr grosser Orth gewidmet; von welchem auch in besagtem ReyßBuch weitläufftig gehandelt wirdt; vnnoth / weil dasselbe Teutsch / allhie zu widerholen. Es hat zwar / wie man berichtet / in oberwenter Schwedischer Einnehmung diser Statt / solch Liberey was Schaden gelitten; weilen es aber an Fuhren gemangelt; so hat man die meisten Bücher allda verbleiben lassen müssen. Neben der Bibliothec ist die Stallung in einem absonderlichen gevierten grossen Stock / vnnd seynd die Stände der Pferdt in die Vierung vmbher im Stall gemacht. Ob der Stallung ist die Kunstkammer / in welche man durch doppelte Thüren / vnnd durch ein kleines Dennelein eingehet.
Matthäus Merian: Topographia Bavariae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1644, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Bavariae_(Merian)_085.jpg&oldid=- (Version vom 5.7.2016)